ifo Bildungsbarometer

ifo Bildungsbarometer 2019: Was denken die Deutschen über Bildungsungleichheit?

Wie schätzen die Deutschen das Ausmaß an Bildungsungleichheit zwischen Kindern aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen ein? Halten sie die bestehende Bildungsungleichheit für ein Problem? Und welche Maßnahmen unterstützen die Befragten, um die Chancengleichheit im Bildungssystem zu erhöhen? Diese und weitere Fragen untersucht das ifo Bildungsbarometer 2019.

Mehrheit vermutet große Bildungsungleichheit nach Familien- und Migrationshintergrund

Das ifo Bildungsbarometer 2019 legt einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema Bildungsungleichheit. Dabei zeigt sich, dass die Deutschen das Ausmaß der bestehenden Bildungsungleichheiten durchaus richtig einschätzen: Die Mehrheit vermutet keine großen Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern oder zwischen Stadt und Land, wohl aber nach den sozialen Verhältnissen und dem Migrationshintergrund. Dementsprechend werden vor allem ungleiche Chancen für Kinder aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen bzw. mit und ohne Migrationshintergrund als Problem angesehen.

Große Zustimmung zu Maßnahmen gegen Bildungsungleichheit

Ein weiterer zentraler Befund ist, dass die Befragten Maßnahmen zur Verringerung von Ungleichheit im Bildungssystem unterstützen.

78 Prozent wünschen sich, dass der Staat die Kindergartegebühren übernehmen soll. Die Einführung einer Kindergartenpflicht befürworten 67 Prozent, eine spätere Aufteilung auf weiterführende Schulen nach der 6. Klasse 61 Prozent. Staatliche Ausgaben sollten erhöht werden, um  Schulen mit Schüler*innen aus benachteiligten Verhältnissen zu unterstützen sagen 81 Prozent. Zudem sollten nach Ansicht von 64 Prozent der Befragten Lehrer*innen höhere Gehälter bekommen, die viele Kinder aus benachteiligten Verhältnissen unterrichten. Für die Einführung eines Ganztagsschulsystems plädieren 56 Prozent, einen Ausbau von Stipendienprogrammen für einkommensschwache Studierende befürworten 83 Prozent. Nur bei der Frage nach einem gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Lernschwächen fällt die Zustimmung geringer aus, 44 Prozent sind dafür, 41 Prozent dagegen.

Trotz der hohen Zustimmung für Maßnahmen gegen Ungleichheit spricht sich die Mehrheit der Deutschen dafür aus, zusätzliche Mittel wie mit der Gießkanne gleichmäßig zu verteilen statt sie gezielt für benachteiligte Gruppen zu verwenden. Die Gießkanne bevorzugen 66 bis 76 Prozent der Deutschen, je nach abgefragtem Bildungsbereich, von den Kitas bis zur Hochschule. Zudem denken 85 Prozent der Befragten, dass ein hoher Bildungsabschluss eher von eigener Anstrengung als von äußeren Umständen abhängt.

Überragende Mehrheit für "Gute-Kita-Gesetz"

Das „Gute-Kita-Gesetz” findet mit 83 Prozent sehr hohe Zustimmung, wobei die zusätzlichen Mittel am ehesten für geringere Gebühren (56 Prozent), höhere Gehälter der Erzieher*innen und kleinere Gruppen (jeweils 52 Prozent) eingesetzt werden sollen. Falls es Platzmangel in den Kitas gibt, sind 78 Prozent für eine Bevorzugung von Familien mit einem alleinerziehenden Elternteil, 66 Prozent für die Bevorzugung von Familien, in denen die Eltern in Vollzeit arbeiten, 65 Prozent für eine bevorzugte Platzvergabe an Familien mit geringem Einkommen, und 59 Prozent sind für eine Bevorzugung von Familien mit vielen Kindern. Eine Bevorzugung von Familien mit Migrationshintergrund hat in der deutschen Bevölkerung dagegen keine Mehrheit (nur 36 Prozent dafür, 37 Prozent dagegen).

Mehrheit für nachgelagerte Studiengebühren

Während sich keine klaren Mehrheiten für oder gegen reguläre Studiengebühren ergeben (45 Prozent dafür, 43 Prozent dagegen), befürworten 66 Prozent der Deutschen Studiengebühren nach dem Studium in Abhängigkeit vom dann erzielten Einkommen.

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Bildungsbarometer 2019 Befürworten die Deutschen Studiengebühren?

Projekt

Das ifo Bildungsbarometer wurde vom ifo Zentrum für Bildungsökonomik im Rahmen des von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten SAW-Projekts „Die politische Ökonomie der Bildungspolitik: Erkenntnisse aus einer Meinungsumfrage“ entwickelt und wurde in diesem Jahr durch den Sonderforschungsbereich Transregio 190 der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. Basis des ifo Bildungsbarometers ist eine jährliche Meinungsumfrage unter mehr als 4.000 Befragten, die eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung in Deutschland darstellen.

Die politische Ökonomie der Bildungspolitik: Erkenntnisse aus einer Meinungsumfrage

Veröffentlichung

"Was die Deutschen über Bildungsungleichheit denken? – Ergebnisse des ifo Bildungsbarometers 2019"
Grewenig, Elisabeth / Kersten, Sarah / Kugler, Franziska / Lergetporer, Philipp / Werner, Katharina / Wößmann, Ludger
in: ifo Schnelldienst (17), 2019, PDF

Schlagworte:
Bildungsungleichheit, kostenfreier Kindergarten, Kindergartenpflicht, Gute-Kita-Gesetz, Studiengebühren, Bildungspolitik

 

Kontakt
Prof. Dr. Ludger Wößmann

Prof. Dr. Ludger Wößmann

Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik
Tel
+49(0)89/9224-1699
Fax
+49(0)89/907795-1699
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