ifo-N26-Wirtschaftsmonitor: Ein Blick auf Deutschland

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die privaten Verbraucher*innen in Deutschland aus? Wie beeinflussen Gesundheitsrisiko, Lockdown aber auch Einkommensrückgang und wirtschaftliche Unsicherheit das Ausgabeverhalten? Antworten gibt der ifo-N26-Wirtschaftsmonitor.

Map of Europe - Germany highlighted

Durch die Analyse des anonymisierten Einkommens- und Ausgabeverhaltens der Verbraucher*innen liefert der ifo-N26-Wirtschaftsmonitor einzigartige Einblicke in den Haushaltssektor und damit in das private Einkommen, den Konsum und die Ersparnisse in Deutschland und ganz Europa. Dies ist besonders wichtig, da der private Konsum - die größte Komponente des Bruttoinlandsprodukts - ein Haupttreiber des wirtschaftlichen Abschwungs im Jahr 2020 war und den Pfad der wirtschaftlichen Erholung im Jahr 2021 maßgeblich bestimmen wird.

Aggregiertes Einkommen Deutschland

Während des ersten Lockdowns Mitte April 2020 sank das aggregierte Einkommen um etwa 10% im Vergleich zum Januar 2020. Im folgenden Sommer blieb es bei etwa 90% und erreichte Mitte Oktober wieder das Niveau von vor der Pandemie. Interessanterweise führte der zweite Lockdown im November 2020 nicht zu einem weiteren Rückgang des aggregierten Einkommens im Vergleich zu den Werten von vor der Pandemie. Im Gegenteil: Ende 2020 und im ersten Quartal 2021 stiegen die Einkommen sogar über das Niveau von vor der Pandemie. Das stabile, aber dennoch reduzierte Einkommensniveau über den Sommer 2020 deckt sich mit offiziellen Statistiken, die belegen, dass Arbeitgeber*innen die verlängerten Kurzarbeiterreglungen nutzten.

Aggregierte Ausgaben Deutschland

Im März 2020 begannen die aggregierten Ausgaben stark zu sinken und fielen bis Mitte April auf 60%. Die aggregierten Ausgaben begannen sich langsam, aber stetig zu erholen und pendelten sich Mitte August bei etwa 85% ein. Für den Rest des Jahres 2020 und das erste Quartal 2021 blieben diese stabil bei 80-85%. Auffällig ist die schleppende Erholung im Sommer 2020, obwohl die meisten Geschäfte wieder geöffnet waren. Mögliche Erklärungen hierfür sind die Vermeidung von anhaltenden Gesundheitsrisiken und hohe Schutzauflagen für die Verbraucher*innen sowie die geringere Kaufkraft aufgrund des entstandenen Einkommensrückgangs. Interessanterweise führte der zweite Lockdown im November 2020 im Vergleich zum Sommer nur zu einem geringfügigen und verzögerten Rückgang der Verbraucherausgaben. Somit liegt das aktuelle Ausgabenniveau immer noch 20 Prozentpunkte über dem Tiefpunkt während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020, aber auch 20 Prozentpunkte unter dem Niveau von vor der Pandemie.

Ausgaben nach Sektor in Deutschland

Bargeldabhebungen und die Ausgaben für Dienstleistungen waren während der Lockdowns besonders stark betroffen und sanken auf rund 40% im April 2020 und 60% im November 2020 bis März 2021. Darüber hinaus sehen wir keine unmittelbare, sondern nur eine langsame und unvollständige Erholung des Konsums von Dienstleistungen und der Bargeldabhebungen nach dem Lockdown im Frühjahr 2020. Diese beträgt im August 2020 nur noch rund 75%. Die Verbraucher*innen passen ihr Verhalten offensichtlich an und versuchen, das Infektionsrisiko zu minimieren, auch nach Rücknahme der staatlichen Maßnahmen. Im starken Gegensatz zu den Dienstleistungen stiegen die Ausgaben für langlebige Gebrauchsgüter während der Lockdowns sogar an. Dies deutet darauf hin, dass Verbraucher*innen ihre Ausgaben aus anderen Gründen als der wirtschaftlichen Unsicherheit einschränken. In früheren Wirtschaftskrisen reduzierten die Verbraucher*innen in der Regel ihre Ausgaben für langlebige, oft höherpreisige Gebrauchsgüter, um sich gegen wirtschaftliche Unsicherheiten wie Arbeitsplatzverlust oder Einkommensrückgang abzusichern. Abgesehen vom starken Weihnachtsgeschäft im Jahr 2020 blieben die Ausgaben für kurzlebige Verbrauchsgüter im Jahresverlauf 2020 recht stabil. Darüber hinaus glich der starke Anstieg des Konsums von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern in der Weihnachtszeit und im ersten Quartal 2021 den Rückgang bei Dienstleistungen und Bargeldabhebungen aus. Somit war insgesamt nur ein geringer und zeitlich verzögerter Ausgabenrückgang während des zweiten Lockdowns zu verzeichnen. Das aktuelle Ausgabenniveau liegt im Vergleich zum Januar 2020 im Bereich der Dienstleistungen und Bargeldabhebungen bei etwa 60% und bei Gebrauchs- und Verbrauchsgütern bei 120%. Zusammengenommen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Gesundheitsrisiko und die Lockdowns die Haupttreiber für den Rückgang der Bargeldabhebungen und der Ausgaben für Dienstleistungen sind. Gemessen am Konsum von langlebigen Gebrauchsgütern ist die wirtschaftliche Unsicherheit der Verbraucher*innen eher gering.

Einlagen Deutschland

In der Summe sammelten die Verbraucher*innen insbesondere während der Lockdowns über die Pandemie hinweg Ersparnisse an. Ende 2020 haben die Verbraucher*innen rund 40% mehr Einlagen auf ihren Konten als zu Beginn des Jahres. Wenn wir die aggregierten Ersparnisse im Jahr 2019 von den aggregierten Ersparnissen im Jahr 2020 subtrahieren, errechnen wir einen Ersparnisüberschuss von 1,7% im Jahr 2020 im Verhältnis zum aggregierten Jahreseinkommen im Jahr 2019. Da diese Ersparnisse auf Tageskonten liegen, haben die Verbraucher*innen aufgestaute Kaufkraft. Der Spartrend setzt sich auch im ersten Quartal 2021 fort. Es ist wichtig festzuhalten, dass das hier verwendete Maß für Ersparnisse nur eine Näherung darstellt, da wir weder verzinsliche Sparguthaben noch Wertpapierkonten bei anderen Banken beobachten. Folglich unterschätzt unser Maß für Einlagen vermutlich die Ersparnisse der Verbraucher*innen und damit die zurückgehaltene Kaufkraft.

Publikationen

Monographie (Autorenschaft)
Oliver Falck, Benjamin Loos, Emanuel Renkl, Fabio Schmidt-Fischbach, Sebastian Wichert
2021

ifo-N26-Economic Monitor

Monographie (Autorenschaft)
Oliver Falck, Benjamin Loos, Emanuel Renkl, Fabio Schmidt-Fischbach, Sebastian Wichert
2021

ifo-N26-Wirtschaftsmonitor

Kontakt
Prof. Dr. Oliver Falck

Prof. Dr. Oliver Falck

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Dr. Sebastian Wichert

Dr. Sebastian Wichert

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