Pandemiebedingte Neuverschuldung in den Bundesländern

Zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie haben alle Bundesländer massive öffentliche Hilfen für betroffene Unternehmen angekündigt. Hierfür ist überall eine Nettokreditaufnahme in teils beträchtlicher Höhe erforderlich. Da es sich bei der Coronakrise um eine außergewöhnliche Notsituation handelt, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt, ist diese Neuverschuldung auch durch die seit dem 1.1.2020 geltende Schuldenbremsenregel gedeckt (Art. 109 Abs. 3 GG).

Allerdings obliegt die Konkretisierung dieser Ausnahmeregel und insbesondere auch der vom Grundgesetz geforderten Tilgungsregel den Ländern. Die meisten Länder haben die Schuldenbremse in ihre jeweilige Landesverfassung aufgenommen. In einigen Fällen ist diese aber auch nur in der Haushaltsordnung festgeschrieben; explizite Vorgaben zur Tilgung der Schulden finden sich nur in wenigen Ländern. 

Schuldenbremse in den einzelnen Bundesländern

Schuldenbremse in den Bundesländern (3. Mai 2021)

Die erforderliche Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers für eine weitergehende Kreditaufnahme ist noch nicht in allen Fällen erteilt. Jedoch ist zu erwarten, dass dies in Kürze überall nachgeholt werden wird. Ein Problem könnten in einigen Ländern die restriktiven Tilgungsregeln darstellen. Zum Teil sind Tilgungszeiträume vorgesehen, die angesichts der jetzt erforderlich werdenden hohen Nettokreditaufnahme möglicherweise zu kurz bemessen sind. Da die Kredittilgung mangels eigener Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Steuern ausschließlich über Kürzungen der Ausgaben erfolgen kann, besteht das Risiko, dass künftig Ausgaben nur deshalb eingeschränkt werden, weil sie kurzfristig disponibel sind. Dies könnte insbesondere die Investitionen sowie die Bereiche Kultur und Wissenschaft betreffen, in denen viel befristet eingestelltes Personal beschäftigt ist.

Langfristige Tilgungsregeln erforderlich

Aus Sicht des ifo Instituts sollten deshalb eher langfristige Tilgungsregeln erstellt werden, die die Schwere der derzeitigen Ausnahmesituation berücksichtigen. Eine Möglichkeit wäre es, die jetzt aufgenommenen Kredite in ein Sondervermögen einzustellen, das über längere Zeiträume hinweg getilgt wird.

Stand: 26.6.2020

 

Publikation

Aufsatz in Zeitschrift
Klaus Gründler, Armin Hackenberger, Lukas Kähn, Remo Nitschke, Niklas Potrafke, Joachim Ragnitz
ifo Institut, München, 2020
ifo Schnelldienst, 2020, 73, Nr. 11, 40-49
Kontakt
Portrait Prof. Dr. Joachim Ragnitz

Prof. Dr. Joachim Ragnitz

Stellvertretender Leiter der ifo Niederlassung Dresden
Tel
+49(0)351/26476-17
Fax
+49(0)351/26476-20
Mail
Das könnte Sie auch interessieren