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Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020: Wirtschaft unter Schock – Finanzpolitik hält dagegen

Die Konjunktur in Deutschland bricht als Folge der Corona-Pandemie drastisch ein. Um die Infektionswelle abzubremsen, hat der Staat die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland stark eingeschränkt. Deshalb dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 4,2% schrumpfen.

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Pressekonferenz Gemeinschaftsdiagnose Frühjahrsgutachten 2020: Wirtschaft unter Schock – Finanzpolitik hält dagegen


 

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Interview: Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020: Wirtschaft unter Schock – Finanzpolitik hält dagegen

Schwerwiegende Rezession in Deutschland

Die Rezession hinterlässt deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt und im Staatshaushalt. In der Spitze wird die Arbeitslosenquote auf 5,9% und die Zahl der Kurzarbeiter auf 2,4 Millionen hochschnellen. Die finanzpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen führen in diesem Jahr zu einem Rekorddefizit im gesamtstaatlichen Haushalt von 159 Mrd. Euro. Nach dem Shutdown wird sich die Konjunktur schrittweise erholen. Entsprechend fällt der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr mit 5,8% kräftig aus. Mit dieser Prognose sind erhebliche Abwärtsrisiken verbunden, etwa weil sich die Pandemie deutlich langsamer abschwächen lässt, oder weil das Wiederhochfahren der wirtschaftlichen Aktivität schlechter gelingt als angenommen bzw. eine erneute Ansteckungswelle auslöst.

Günstige fiskalische Ausgangssituation

Insgesamt bewirkt die Corona-Pandemie somit eine schwerwiegende Rezession in Deutschland. Die Beeinträchtigungen durch die Pandemie selbst dürften jedoch nach ein bis zwei Jahren überwunden sein. Deutschland bringt gute Voraussetzungen mit, den wirtschaftlichen Einbruch zu verkraften und mittelfristig wieder das wirtschaftliche Niveau, das sich ohne die Krise ergeben hätte, zu erreichen. Die günstige fiskalische Ausgangssituation ermöglicht es dem Staat, weitgehende Maßnahmen zur Abfederung der kurzfristigen negativen Folgen für Unternehmen und private Haushalte zu ergreifen. Dennoch bleiben gesamtwirtschaftliche Einbußen, die mit individuell sehr unterschiedlichen Lasten verbunden sind und über deren finale Verteilung noch zu entscheiden sein wird.

Reales BIP in Deutschland - Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020

„Die Rezession hinterlässt deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt und im Staatshaushalt. Deutschland bringt gute Voraussetzungen mit, den wirtschaftlichen Einbruch zu verkraften und mittelfristig wieder das wirtschaftliche Niveau zu erreichen, das sich ohne die Krise ergeben hätte.“

Prof. Dr. Timo Wollmershäuser

Globale Konjunktur massiv eingebrochen

Ersten Indikatoren zufolge ist die globale Konjunktur massiv eingebrochen. Die Leitindizes an den Börsen sind kräftig gesunken, zeitweise um mehr als 40%, und die derzeit veröffentlichten Unternehmensbefragungen deuten darauf hin, dass sich die wirtschaftliche Stimmung noch rascher und stärker verschlechtert hat als in der akuten Phase der Weltfinanzkrise. Der Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität in China hat für sich genommen bereits im ersten Quartal dazu geführt, dass die globale Wirtschaftsleistung kaum noch gestiegen ist. In der übrigen Welt wird sich die Krise vor allem im zweiten Quartal niederschlagen, so dass die Weltproduktion trotz dann wieder deutlich höherer Aktivität in China im Frühjahr sogar schrumpfen wird. Für die zweite Jahreshälfte rechnen die Institute dann mit einer Erholung der Weltwirtschaft auf breiter Front, so dass die Zuwachsraten der Weltproduktion deutlich höher ausfallen werden als üblich.

Unter diesen Bedingungen unterschreitet die Weltproduktion im Durchschnitt des Jahres 2020 ihr Vorjahresniveau um 2,5%, ein Rückgang, der noch etwas stärker ist als in der Großen Rezession im Jahr 2009. Für das Jahr 2021 ergibt sich bei einer weitgehenden Annäherung der Produktion an das Niveau, das ohne die Pandemie zu erwarten gewesen wäre, ein Anstieg der globalen Produktion um 5,4%.

Reales BIP im Euroraum - Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020
Reales BIP in der Welt - Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020

Risiken

Abwärtsrisiken: deutlich langsameres Abschwächen der Pandemie; Wiederhochfahren der wirtschaftlichen Aktivität funktioniert schlechter als im Basisszenario bzw. eine erneute Ansteckungswelle auslöst, weitere Maßnahmen zur Infektionsbekämpfung treten in Kraft, die die Produktion länger oder in größerem Umfang als hier angenommen stilllegen; Verwerfungen im Finanzsystem; Staatsschuldenkrise; Neuausrichtung globaler Wertschöpfungsketten und Absatzmärkte

Aufwärtsrisiken: günstigerer Verlauf der Epidemie; zügigere konjunkturelle Erholung

Kontakt
Prof. Dr. Timo Wollmershäuser

Prof. Dr. Timo Wollmershäuser

Stellvertretender Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen und Leiter Konjunkturprognosen
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+49(0)89/9224-1406
Fax
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