Gastbeitrag

Alles im grünen Bereich? Prognostizierte und tatsächliche Beschäfigungswirkungen des Mindestlohns

Andreas Knabe, Ronnie Schöb und Marcel Thum, oekonomenstimme.org, 14. Mai 2020

Aktuelle Studien zeigen, dass der Mindestlohn seit seiner Einführung in Deutschland zu einem deutlichen Rückgang des Arbeitsvolumens geführt hat. In Stellenäquivalenten umgerechnet entspricht der Umfang der reduzierten Arbeitszeiten und nicht geschaffenen Stellen einem Verlust von 129.000 bis 594.000 Arbeitsplätzen.


Quelle:
Ökonomenstimme

In den Publikumsmedien wird seit Jahren immer wieder berichtet, der Mindestlohn habe entgegen vieler Prognosen keine Arbeitsplätze in Deutschland gekostet. Von der Politik hört man Ähnliches. Und in der Tat ist die Zahl der Erwerbstätigen in den Jahren seit Einführung des Mindestlohns kräftig angestiegen, von 43,0 im Jahr 2015 auf 45,1 Millionen im Jahr 2019. Angesichts dieser positiven Entwicklung scheinen die Prognosen, die einige ÖkonomInnen, darunter wir, vor Einführung des Mindestlohns über dessen negative Beschäftigungswirkungen abgegeben hatten völlig verquer zu sein. In diesen Prognosen war von Beschäftigungsverlusten in der Größenordnung zwischen 400.000 und über 900.000 Jobs die Rede.

Die ökonomische Fachliteratur der letzten Jahre hat sich intensiv und auf akademisch hohem Niveau mit der Identifikation der kausalen Effekte des Mindestlohns auseinandergesetzt. Anhand der mittlerweile vorliegenden Evaluationsstudien lässt sich einigermaßen gut abschätzen, wie viel Arbeitsvolumen ursächlich durch den Mindestlohn verdrängt wurde. Dabei muss man zwei mögliche Verdrängungseffekte des Mindestlohns unterscheiden: Erstens, wie viele Arbeitsplätze hat der Mindestlohn gekostet? Zweitens, wie wurde die Arbeitszeit derjenigen, die weiterhin beschäftigt sind, angepasst?