Steuerexperten: Vermietete Immobilien fair besteuern statt enteignen
Der ifo Präsident Clemens Fuest, Johanna Hey (Universität Köln) und Christoph Spengel (Universität Mannheim) haben sich dafür ausgesprochen, vermietete Immobilien nicht zu enteignen, sondern ihre Steuerprivilegien abzuschaffen. „Statt populistischer Forderungen nach Enteignung sollte die Politik besser über die Abschaffung von Steuerprivilegien für Immobilien bei der Einkommen-, Gewerbe-, Erbschaft- und Grunderwerbsteuer nachdenken“, schreiben sie in einem Aufsatz für den ifo Schnelldienst. Es gebe Fehlanreize für Investoren und eine unfaire Verteilung der Steuerlast. Die Steuerregeln begünstigten die Anhäufung von Grundvermögen in den Händen weniger Menschen sowie Unternehmen. Auch die hohen Immobilienpreise seien zum Teil auf das Steuerrecht zurückzuführen.
Vergleichsweise geringe Korrekturen bei der Einkommensteuer, der Gewerbesteuer, der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer könnten diese Probleme beheben und das Steueraufkommen erhöhen, ohne die wirtschaftliche Entwicklung zu belasten. „Der Gesetzgeber könnte daran denken, bei der Einkommensteuer Veräußerungsgewinne auch außerhalb der geltenden 10-Jahresfrist zu besteuern, die Gewerbesteuerbefreiung bei Immobilien-Aktiengesellschaften abzuschaffen und die Grunderwerbsteuer zu reformieren“, sagt Hey. Zudem ließe sich auf diese Weise systemkonform zusätzliches Steueraufkommen erwirtschaften.
„Bei vermieteten Immobilien gehört die Doppelbegünstigung aus unbegrenztem Werbungskostenabzug und Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinnes zu den letzten verbliebenen großen Steuervergünstigungen des Einkommensteuerrechts. Veräußerungsgewinne müssten voll besteuert werden“, sagt Spengel.
Weiter schreiben die Autoren, Gewinne bei Immobiliengesellschaften unterlägen dann nicht der Gewerbesteuer, wenn diese ausschließlich auf die Verwaltung sowie die Betreuung eigenen Grundbesitzes einschließlich der Gewinne aus deren Verkauf entfallen. Eine Immobilien-AG könne ihre Mieteinkünfte und Gewinne aus dem Verkauf der Immobilien einnehmen, ohne Gewerbesteuer zu bezahlen, es falle also nur Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent an.
Bei der Erbschaftsteuer sind den Autoren zufolge große Wohnungsbestände begünstigt, wenn für ihre Verwaltung ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb notwendig ist. Die Finanzverwaltung gehe davon aus, dass dies ab 300 Wohnungen gelte. Diese Privilegierung sei durch nichts gerechtfertigt. „Die Praxis der Finanzverwaltung ist augenfällig gleichheitssatzwidrig, weil hier nur besonders große Vermögen in den Genuss der Vergünstigung kommen“, schreiben die Autoren.
Fuest, Hey und Spengel kritisieren auch, dass Immobilienkonzerne vielfach Objekte grunderwerbsteuerfrei kaufen und verkaufen. Der Grunderwerbsteuer könne man auf legale Weise entgehen, wenn Käufer Immobilien nicht direkt erwerben, sondern sie stattdessen Anteile an Kapitalgesellschaften kaufen, denen die Immobilien gehören.
Publikation
Wie gestaltet man Strommärkte im Zeitalter fluktuierender erneuerbarer Energien?
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 57-63
Vorschläge für eine Reform der Immobilienbesteuerung
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 31-38
Die ifo Ertragslageurteile und die Umsatzrendite im Verarbeitenden Gewerbe
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 73-76
Restart nach Corona: Krisenpakete im Vergleich
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 03-30
Steuerung der Energiewende durch optimale Subventionen und Steuern für fluktuierende erneuerbare Energien und Speicher
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 64-68
Europas Schulen in der Corona-Pandemie – ein Ländervergleich
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 41-50
Individualismus – treibende kulturelle Kraft für Kompetenzen und Arbeitsmarkterfolg
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 51-56
Gesamtwirtschaftliche Erholung sorgt für unverhoffte Steuermehreinnahmen: Zu den Ergebnissen der 161. Steuerschätzung vom November 2021
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 69-72
Investitionsförderung durch beschleunigte steuerliche Abschreibungen
ifo Institut, München, 2021
ifo Schnelldienst, 2021, 74, Nr. 12, 39-40