Ökonomenpanel von ifo und FAZ

Längerfristig erhöhte Inflationsrate für Deutschland

Die momentan deutlich über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) liegenden Inflationsraten in Deutschland und der Eurozone bestimmen die aktuelle geldpolitische Diskussion. Es mehren sich die Anzeichen, dass die erhöhte Inflation länger anhält als ursprünglich von den meisten Ökonom*innen sowie den Mitgliedern der Zentralbanken erwartet. In ihrer geldpolitischen Entscheidung muss die EZB nun die Risiken abwägen, die ein zu frühes oder zu spätes Reagieren auf die erhöhte Inflation mit sich bringen würde. Das 38. Ökonomenpanel von ifo und FAZ widmet sich dem Thema Inflation. Durchgeführt wurde die Umfrage vom 22. Februar 2022 bis zum 1. März 2022. An der Umfrage nahmen 145 Ökonom*innen teil.

Ökonom*innen rechnen mit 4,4% Inflation für das Jahr 2022

Die am 38. Ökonomenpanel teilnehmenden Ökonom*innen erwarten für Deutschland für das Jahr 2022 eine durchschnittliche Inflationsrate von 4,4%. Für das Jahr 2023 sinkt die für Deutschland erwartete durchschnittliche Inflationsrate auf 3,4%. Dennoch liegt dieser Wert noch deutlich über dem Inflationsziel der EZB. Auch die erwartete durchschnittliche Inflationsrate für das Jahr 2026 liegt mit einem Wert von 2,8% noch über dem Zielwert der EZB. Folgt man den Inflationserwartungen der Teilnehmenden, ist mit einer länger andauernden erhöhten Inflationsrate für Deutschland zu rechnen.

Infografik, Ökonomenpanel, Inflationserwarung für Deutschland, Februar 2022

Energie- und Rohstoffpreise, Lieferengpässe und die Geldpolitik sind aktuelle Inflationstreiber

Die Teilnehmenden des 38. Ökonomenpanels sehen als häufigste Ursachen für die gegenwärtig erhöhte Inflation die steigenden Energie- und Rohstoffpreise – bei Antworten seit dem 24. Februar 2022 verstärkt durch den Angriff Russlands auf die Ukraine. Auch Lieferengpässe und pandemiebedingte Effekte (Nachholeffekte beim Konsum bei gleichzeitiger Angebotsknappheit) werden von den Ökonom*innen häufig genannt. Zudem sehen sie in der Geldpolitik der EZB eine Hauptursache für die aktuellen Verbraucherpreissteigerungen in Deutschland. In Abbildung 2 werden die Freitextantworten der teilnehmenden Ökonom*innen grafisch aufbereitet. Wörter, die in der Abbildung größer erscheinen, wurden von den Teilnehmenden häufiger genannt.

Infografik Antworten zu den Ursachen der aktuellen Verbraucherpreissteigerung in Deutschland, Ökonomenpanel Februar 2022

Ökonom*innen fordern sofortige EZB-Maßnahmen zur Senkung der Inflation

Drei Viertel der Teilnehmenden des 38. Ökonomenpanels sind der Meinung, dass die EZB sofort Maßnahmen ergreifen sollte, um die Inflation zu senken. Lediglich 19% sprechen sich gegen eine sofortige Reaktion der EZB aus. Als Hauptgrund für ein sofortiges Eingreifen wird von den teilnehmenden Ökonom*innen angeführt, dass sich die gegenwärtig hohen Inflationserwartungen nicht auf einem dauerhaft hohen Niveau festsetzen dürfen. Außerdem bestünde bei der aktuellen Inflationsrate die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale. Diejenigen, die gegen eine sofortige Reaktion der EZB sind, fordern Maßnahmen erst in durchschnittlich neun Monaten und begründen dies u.a. mit einer nach der Corona Pandemie automatisch sinkenden Inflationsrate. 

Infografik, EZB-Maßnahmen 1/2, Ökonomenpanel Februar 2022

Ökonom*innen befürworten Leitzinserhöhungen

In Bezug auf die geldpolitischen Instrumente der EZB, die sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt in 2022 eingesetzt werden sollen, um das Ziel der mittelfristigen Preisstabilität zu erreichen, favorisieren gut zwei Drittel der Teilnehmenden eine Erhöhung der Leitzinsen. Begründet wird dies mit der großen Signalwirkung der Maßnahme und den derzeit zu niedrigen Zinsen. Auf die Frage, wie hoch der Leitzins der EZB für das Hauptrefinanzierungsgeschäft am Jahresende 2022 stehen sollte, geben die Teilnehmenden einen durchschnittlichen Zinssatz von rund einem Prozent an. Jeweils rund 40% der teilnehmenden Ökonom*innen fordern, die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs) nicht wieder neu aufzulegen und die quantitative Lockerung (QE) zu reduzieren oder ganz zu stoppen. Gut jede*r Zehnte möchte, dass die EZB andere Maßnahmen wie den Verkauf von Anleihen ergreift. Lediglich 4% unterstützen keine Maßnahmen der EZB, um die mittelfristige Preisstabilität zu sichern. 

Infografik EZB-Maßnahmen 2/2, Ökonomenpanel Februar 2022
Aufsatz in Zeitschrift
Lena Dräger, Klaus Gründler, Niklas Potrafke, Fabian Ruthardt
ifo Institut, München, 2022
ifo Schnelldienst, 2022, 75, Nr. 03, 35-37
Kontakt
Prof. Dr. Niklas Potrafke

Prof. Dr. Niklas Potrafke

Leiter des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie
Tel
+49(0)89/9224-1319
Fax
+49(0)89/907795-1319
Mail
Das könnte Sie auch interessieren