Aufsatz in Zeitschrift

Mindestkurs für den Schweizer Franken: Gefährlicher Interventionismus der SNB?

Oliver Landmann, Gunther Schnabl, David Iselin, Michael J. Lamla, Rudolf Minsch
ifo Institut, München, 2011

ifo Schnelldienst, 2011, 64, Nr. 19, 03-16

Die Schweiz ist in den vergangenen Monaten durch die drastische Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro unter Druck geraten. Im September 2011 verkündete deshalb die Schweizerische Nationalbank (SNB) einen Mindestkurs des Franken zum Euro. Mit einer Untergrenze von 1,20 Franken je Euro soll der nach Ansicht der SNB »massiven Überbewertung« der Währung entgegengewirkt werden. Oliver Landmann, Universität Freiburg, sieht diese Maßnahme vor dem Hintergrund, dass die Schweiz als kleine offene Volkswirtschaft auch als Nicht-Mitglied der Europäischen Union aufs Engste mit ihrem politischen und wirtschaftlichen Umland verbunden ist. Das bedeutet, dass das Land von allen positiven wie negativen Entwicklungen in der EU betroffen sein wird. Deshalb wäre es eine Illusion zu glauben, die Schwierigkeiten, in welche die Eurozone durch ihre aktuelle Krise geraten ist, könnten an der Schweiz vorbeigehen. Die Festlegung eines Mindestkurses von 1,20 Fr. ist zwar kein Wundermittel, aber eine »mit Bedacht ergriffene Maßnahme der Schadenminimierung«. Gunther Schnabl, Universität Leipzig, betont, dass die Schweiz mit dieser Entscheidung geldpolitischen Handlungsspielraum zurückgewinnt, da sie sich »von dem Fluch spekulativer Kapitalzuflüsse « teilweise befreien kann. Allerdings bleibe die Wechselkursbindung im derzeitigen Umfeld der globalen Liquiditätsschwemme und instabiler europäischer Staatshaushalte und Banken nur eine unbefriedigende Lösung. Denn bei festem Wechselkurs und steigender Inflation werden die immensen Euroreserven in der Schweizerischen Zentralbankbilanz langfristig real entwertet. Damit werde die Sozialisierung der Kosten der europäischen Staatsschulden- und Finanzkrisen auf die Schweiz ausgeweitet. David Iselin und Michael J. Lamla, KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, werten die Einführung der Wechselkursuntergrenze als Erfolg und das Risiko dieses Engagements der SNB als gering. Angesichts der erwartet tiefen Inflationsraten im nächsten Jahr habe die SNB genügend Spielraum, sich vorderhand der Stabilisierung des Wechselkurses zu widmen. Rudolf Minsch, economiesuisse, Dachverband der Schweizer Unternehmen, sieht in dem Festlegen einer Untergrenze für den Wechselkurs eine Notmaßnahme in außerordentlichen Zeiten. Seiner Ansicht nach ist die SNB in der Lage, die Untergrenze auch in den kommenden Monaten zu verteidigen. In dieser Zeit werde sich herausstellen, ob die Verschuldungsproblematik in Europa entschieden angepackt wird oder die Europäische Union direkt auf eine Transferunion zusteuert.

Schlagwörter: Schweizer Franken, Wechselkurs, Wechselkurspolitik, Finanzmarktkrise, Eurozone, Interventionismus, Zentralbank, Schweiz
JEL Klassifikation: F310,G150

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Zeitschrift (Einzelheft)
ifo Institut, München, 2011
in: ifo Schnelldienst, 2011, 64, Nr. 19