Aufsatz in Zeitschrift

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum OMT-Programm der EZB

Franz-Christoph Zeitler, Marcel Fratzscher, Dietrich Murswiek, Manfred J.M. Neumann, Markus C. Kerber
ifo Institut, München, 2014

ifo Schnelldienst, 2014, 67, Nr. 06, 03-25

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2014 seine Entscheidung zum Beschluss der Europäischen Zentralbank zum OMT-Programm vom September 2012 verkündet. Wie ist diese Entscheidung zu werten? Franz-Christoph Zeitler, Universität Augsburg und ehemals Deutsche Bundesbank, sieht in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, die europarechtlichen Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, zugleich »aber in das ›Marschgepäck‹ der Vorlage nach Luxemburg deutliche inhaltliche Vorgaben zu packen, ein Meilenstein für die Wahrung des Rechts in der Europäischen Union und zur Achtung geschlossener Verträge zur Währungsunion«. Bei der inhaltlichen Bewertung des EZB-Programms zum Kauf von Staatsanleihen vertrete das Bundesverfassungsgericht mit der großen Mehrheit wesentliche Kritikpunkte, die in der mündlichen Verhandlung neben den Beschwerdeführern auch von Bundesbankpräsident Weidmann und anderen Sachverständigen geäußert wurden. Marcel Fratzscher, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, sieht die Gefahr einer Spaltung Europas. Auf den ersten Blick scheine das Bundesverfassungsgericht lediglich über die technische Frage der erlaubten Instrumente der Europäischen Zentralbank entschieden zu haben. Doch auf dem Spiel stehe Europas Einheit. Der Beschluss berge die Gefahr einer Spaltung Europas. Die Debatte zeige auch, dass noch immer kein Konsens darüber bestehe, wie genau die Währungsunion aussehen solle und was notwendig sei, um den europäischen Integrationsprozess nachhaltig zu gestalten. Dietrich Murswiek, Universität Freiburg, sieht durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Auffassung bestätigt, dass das OMT-Programm der EZB rechtswidrig sei und die EZB damit ihre Kompetenzen überschreite. Nach Ansicht von Manfred J.M. Neumann, Universität Bonn, hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung über die verfassungspolitische Zulässigkeit des OMT-Anleihekaufprogramms »eine kluge Strategie« eingeschlagen. Weder habe es die Verfassungsbeschwerden als unzulässig abgewiesen, noch das Programm über den Kopf des Europäischen Gerichtshofs hinweg als einen ausbrechenden Rechtsakt (Ultra-vires-Akt) verurteilt und damit Bundesregierung und Bundestag die Aufgabe zugewiesen, etwas zu unternehmen. Dem Bundesverfassungsgericht schwebe vor, das OMT-Programm für rechtlich nicht zu beanstanden zu erklären, vorausgesetzt es werde so modifiziert, dass es die Konditionalität der bisherigen europäischen Hilfsprogramme nicht unterlaufe und den Charakter einer nur unterstützenden Maßnahme für die Wirtschaftspolitik in der Union erhalte. Markus C. Kerber, Technische Universität Berlin, gibt eine Einschätzung zur Kompatibilität der EZB-Maßnahmen mit EU-Recht.

 

Schlagwörter: Zentralbank, Verfassungsgericht, Rechtsprechung, Schuldenkrise, Eurozone, Geldpolitik
JEL Klassifikation: E580, E520, F340

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ifo Institut, München, 2014