Digitale Infrastruktur

Die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Europäischen Wirtschaftsraumes hängt davon ab, ob es gelingt, eine leistungsfähige digitale Infrastruktur zu schaffen. Unter dem Begriff „Industrie 4.0“ hat sich das Internet in Symbiose mit weiteren Informationstechnologien mittlerweile im produzierenden Gewerbe etabliert („Industrie 4.0“). Die deutsche Industrie befindet sich in einer guten Ausgangsposition, um das Potenzial datengetriebener Geschäftsmodelle im Internet der Dinge zu heben.

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Die Digitalisierung schreitet voran und erfordert eine zunehmend leistungsfähige digitale Infrastruktur. Europäische und nationale Fördermaßnahmen zielen darauf ab, digitale Infrastruktur rasch und umfassend auszubauen. Bis zum Jahr 2020 sollen städtische wie ländliche Gebiete Europas flächendeckend mit mindestens 100Mbps Download-Geschwindigkeit versorgt sein. Deutschland strebt dasselbe Ziel bis 2022 zusätzlich für mobiles Internet im Zuge des 5G-Ausbaus an. Forschungsergebnisse des ifo Instituts weisen für die Einführungsphase der Breitbandtechnologie bis zum Jahr 2007 international substanzielle Wachstumseffekte nach. Ob die Potenziale digitaler Infrastruktur ausgeschöpft werden, hängt jedoch nicht nur von Verbreitung und Verfügbarkeit, sondern in besonderem Maße auch von der Nutzungsintensität ab. Aktuell bleibt die Nachfrage nach hohen Bandbreiten in Deutschland deutlich hinter der Verfügbarkeit zurück.

Digitale Infrastruktur fördert Wirtschaftswachstum

Zwischen 1996 und 2007 hatte die Verbreitung des Breitband Internets einen wirtschaftlich bedeutsamen und robusten Wachstumseffekt. Das zeigen die Ergebnisse einer ifo-Studie, in der Oliver Falck, Ludger Wößmann und Koautoren das Wirtschaftswachstum in 25 OECD-Ländern untersuchen. Unter Anwendung eines Instrumentalvariablenansatzes kann die Wirkung des Internets von Parallelentwicklungen wie zunehmende Computernutzung und Verbreitung von Mobiltechnologie isoliert betrachtet werden. So zeigt sich, dass die Einführung und Nutzung von Breitbandtechnologie einen wichtigen Beitrag zum Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum stellt. Beispielsweise würde eine um 10 Prozentpunkte erhöhte Breitbandnutzerrate das jährliche Wachstum des BIP pro Kopf um 0,9 bis 1,5 Prozentpunkte erhöhen.

Digitale Infrastruktur fördert IKT-Fertigkeiten

Die Verfügbarkeit digitaler Infrastruktur unterstützt auch die Aneignung wertvoller IKT-Fähigkeiten in der breiten Bevölkerung, basierend auf dem „Learning-by-Doing“-Mechanismus, durch Umgang mit neuen Technologien zuhause oder am Arbeitsplatz. Anhand neuer Daten der PIAAC-Studie (eine internationale Vergleichsstudie zur Erfassung grundlegender Kompetenzen von 16- bis 65-Jährigen) können Oliver Falck und Koautoren diesen „Learning-by-Doing“-Effekt von Breitbandverfügbarkeit nachweisen. Zudem kann gezeigt werden, dass die auf diese Weise erworbenen Fähigkeiten substanziell am Arbeitsmarkt entlohnt werden.

Entfaltung des vollen Wachstumspotenzials durch Internetnutzung

Während die Internetnutzung in den Anfangsjahren noch durch einen schleppenden (privaten) Infrastrukturausbau beschränkt war, ist in vielen Ländern mittlerweile eine Versorgung fast aller Haushalte mit einer Basisgeschwindigkeit sichergestellt. Der Fokus des Breitbandausbaus liegt nun auf der raschen Bereitstellung und Nutzung höherer Geschwindigkeiten. Diese läuft jedoch nur langsam an, was dazu führen kann, dass nicht das volle Wachstumspotenzial neuer Technologien erschlossen wird und wichtige Anschlussinnovationen ins Stocken geraten.

Wie kann erfolgreicher Ausbau digitaler Infrastruktur gelingen?

Das ifo Institut betont die zentrale Bedeutung digitaler Infrastruktur für Gesellschaft und Wirtschaft, warnt jedoch vor zu ambitionierten Zielen öffentlicher Breitbandförderung. Orientiert sich der Hochgeschwindigkeits-Breitbandausbau nicht am aktuellen Bedarf, gerät er schnell in eine technische Sackgasse. Digitale Technologien verändern sich ständig und folgen keiner vorhersehbaren Entwicklung. Technologieneutralität ist daher eine wichtige Prämisse des weiteren Ausbaus digitaler Infrastruktur.

Aus Sicht des ifo Instituts sollte der Ausbau der digitalen Infrastruktur privatwirtschaftlich erfolgen. Investitionsanreize privater Anbieter müssen durch Regulierung gewahrt und nicht durch staatliche Förderprogramme unterwandert werden. Der Staat sollte den Ausbau der digitalen Infrastruktur nur nachrangig und an den tatsächlichen lokalen Bedarfen orientiert fördern. Forschungsergebnisse des ifo Instituts deuten darauf hin, dass politische Maßnahmen vor allem an der niedrigen Nutzungsintensität hoher Bandbreiten ansetzen sollten und an der unzureichenden Verbreitung digitaler Kompetenzen in der Gesellschaft.

Stand: Januar 2020

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ifo Podcast: Wo steht Deutschland bei der Digitalisierung?

Funklöcher in ländlichen Regionen, fehlende technische Ausstattung an den Schulen, Gesundheitsämter, die via Fax kommunizieren: Die Defizite der Digitalisierung in Deutschland sind längst bekannt und die Pandemie hat sie schonungslos offengelegt. Doch wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da? Was muss geschehen, um zu den globalen Spitzenreitern aufzuschließen?

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Prof. Dr. Oliver Falck

Prof. Dr. Oliver Falck

Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien
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