Aufsatz in Zeitschrift

ifo Konjunkturprognose 2006: deutsche Wirtschaft im Aufschwung

Gebhard Flaig, Wolfgang Nierhaus, Anita Dehne, Andrea Gebauer, Steffen Henzel, Oliver Hülsewig, Erich Langmantel, Wolfgang Meister, Monika Ruschinski, Timo Wollmershäuser
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2005

ifo Schnelldienst, 2005, 58, Nr. 24, 18-54

Am 19. Dezember 2005 stellte das ifo Institut im Rahmen seines vorweihnachtlichen Pressegesprächs seine Prognose für das Jahr 2006 vor. Nach dem Rekordjahr 2004 hat die Weltwirtschaft auch in diesem Jahr mit einer Wachstumsrate von 4,3% überdurchschnittlich expandiert, und sie dürfte im nächsten Jahr leicht höher ausfallen als in diesem. Die Expansion der Weltwirtschaft wird an Breite gewinnen. In den Vereinigten Staaten dürfte das Bruttoinlandsprodukt zwar leicht verlangsamt steigen, in Japan und China wird die konjunkturelle Dynamik aber unverändert schwungvoll bleiben. In Europa ist eine deutliche Beschleunigung der wirtschaftlichen Aktivität zu erwarten. Im Euroraum dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im nächsten Jahr um 2,0% steigen, nach 1,4% im laufenden Jahr. Diese Prognose beruht auf der Annahme, dass die Rohstoff- insbesondere die Ölpreise in etwa auf dem jetzigen hohen Niveau verharren und dass es bei den Löhnen zu keinen Zweitrundeneffekten kommt. Die deutsche Wirtschaft ist im konjunkturellen Aufschwung. Der ifo Geschäftsklimaindex und auch die Industrieproduktion sowie der Auftragseingang waren zuletzt deutlich aufwärts gerichtet. Im Jahresdurchschnitt 2005 dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt um 0,9% (arbeitstäglich bereinigt: 1,1%) expandiert haben, nach 1,6% im Jahr 2004. Zugpferd ist die Auslandsnachfrage, die nicht zuletzt aufgrund der dynamischen Weltkonjunktur und des wieder günstigeren Euro-Dollar-Kurses eine enorme Schubkraft entfaltet hat. Auch der Investitionsmotor ist endlich angesprungen. Allerdings kam der private Konsum noch immer nicht auf die Beine. Im nächsten Jahr bleiben die Perspektiven für die deutsche Wirtschaft gut. Die Exporte werden angesichts des weiter günstigen internationalen Umfelds die weiterhin wichtigste Stütze der Konjunktur sein. Die Investitionen in Ausrüstungen und sonstige Anlagen dürften nicht zuletzt aufgrund der verbesserten Abschreibungsbedingungen merklich expandieren, die Bauinvestitionen werden nicht mehr weiter rückläufig sein. Auch der private Konsum wird sich etwas beleben, in der zweiten Jahreshälfte gestützt durch das Vorziehen von Käufen aufgrund der avisierten Mehrwertsteueranhebung 2007. Im Jahresdurchschnitt 2006 dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt um 1,7% steigen, kalenderbereinigt sogar um 1,9%. Da das Trendwachstum der gesamtwirtschaftlichen Produktion bei 1% liegt, wird der gesamtwirtschaftliche Auslastungsgrad spürbar zunehmen. Die Inflationsrate dürfte mit 1,7% etwas niedriger sein als in diesem Jahr (2,0%). Bei alledem wird sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nur zögernd bessern. Zwar wird die Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt 2006 voraussichtlich um 215 000 steigen, allerdings gehen davon allein etwa 100 000 auf Schaffung von Zusatzjobs zurück. Die Zahl der Arbeitslosen wird im Jahresdurchschnitt um 150 000 sinken; in den Wintermonaten wird sie voraussichtlich erneut die 5-Millionen-Marke überschreiten. Die Finanzlage der öffentlichen Haushalte hat sich im Jahr 2005 nicht wesentlich entspannt. Mit einer Defizitquote von 3,6% wurde das Maastricht-Defizitkriterium zum vierten Mal in Folge überschritten.

Schlagwörter: Weltkonjunktur, Konjunkturprognose, Wirtschaftswachstum, Konjunkturumfrage, Geschäftsklima, Deutschland, Welt
JEL Klassifikation: F010,O000

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ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2005