Aufsatz in Zeitschrift

Streitpunkt Investitionsschutz: Für und Wider des Investitionsschutzes im TTIP-Abkommen

Peter Draper, Andreas Freytag, Frank Schorkopf, Christian Bellak, Stormy-Annika Mildner, Christoph Sprich, Elizabeth Johnson, Stefan Beck, Christoph Scherrer
ifo Institut, München, 2014

ifo Schnelldienst, 2014, 67, Nr. 12, 03-19

Die Verhandlungen zwischen den USA und der EU über das Transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) sind in den letzten Monaten in das öffentliche Interesse gerückt. Umstritten ist vor allem das vorgesehene Investitionskapitel, das neben der Investitionsliberalisierung Investitionsschutzbestimmungen und Regeln zur Durchsetzung dieser Bestimmungen enthält. Sind geäußerte Befürchtungen, US-Investoren könnten auf diesem Weg europäische Gesetzgebung etwa im Umwelt- und Sozialbereich anfechten, berechtigt? Nach Ansicht von Peter Draper, Tutwa Consulting, Pretoria, und Andreas Freytag, Universität Jena, braucht TTIP zwar einen Investitionsschutz, aber keine internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Es sei für die gegenseitige Attraktivität der Investitionsstandorte in keiner Weise von Nachteil, den Schutz von ausländischen Direktinvestitionen vor Diskriminierung und Enteignung zu garantieren. Deshalb sollte TTIP generelle Investitionsschutzklauseln enthalten, sich aber ansonsten auf die nationalen Systeme zur Durchsetzung von Verträgen stützen. Streitfälle würden somit vor den Gerichten des Gastlandes entschieden. Frank Schorkopf, Universität Göttingen, betont, dass hinter den Investitionen Eigentümer, häufig auch Bürger, die über Pensionsfonds und Anlagegesellschaften für das Alter und die Ausbildung ihrer Kinder sparen, stehen. Wer meine, dass Kapitaleigentum eine weniger schutzwürdige Eigentumsform sei, der sei auf das Grundrecht der unternehmerischen Freiheit in der Grundrechtecharta der Europäischen Union verwiesen. Der Eigentumsschutz sei auch zwischen OECD-Staaten ein schutzbedürftiges Menschenrecht. Die USA und die EU sollten die Chance nutzen und das Investitionsschutzkapitel im geplanten Abkommen vorbildhaft ausgestalten. Eingriffe in Investments seien auch heute im öffentlichen Interesse möglich, wenn sie verhältnismäßig seien. Gegenüber der Kritik am Investitionsschutz, die einen versteckten und kostengünstigen Politikwechselvorbehalt rechtfertigen wolle, sollte man hingegen skeptisch sein. Christian Bellak, Wirtschaftsuniversität Wien, ist der Meinung, dass das Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren aufgrund juristischer, demokratiepolitischer und ökonomischer Argumente nicht in das TTIP aufgenommen werden sollte. Das Verfahren sei weder eine wirksame Kontrolle staatlichen Handelns, noch ein effizientes System, noch ein geeignetes Mittel, um Dispute um öffentliche Regulierung auszutragen. Stormy-Annika Mildner, Christoph Sprich, Bundesverband der Deutschen Industrie, und Elizabeth Johnson, Robert Bosch Stiftung, plädieren dafür, den Investitionsschutz als Bestandteil das TTIP-Abkommens aufzunehmen. Die Investitionsschutzverträge seien nichts Neues im internationalen Wirtschaftsrecht. Zudem könne ein Investitionsvertrag mit den USA ein wichtiger Zwischenschritt hin zu einem verbesserten multilateralen Investitionsschutz sein. Dagegen stellen für Stefan Beck und Christoph Scherrer, Universität Kassel, Investitionsschutzklauseln eine »Privilegierung von Konzernen auf Kosten der Demokratie« dar. Denn je häufiger es zu Klagen mit hohen Streitwerten und Kosten komme, desto wahrscheinlicher sei es, dass allein schon die mögliche Androhung einer Klage prohibitive Wirkung auf die politischen Vertretungen entfalte. Auf diese Weise würden demokratische, aber von Unternehmen abgelehnte Politikmaßnahmen nicht nur potenziell teuer, sondern von vornherein verhindert. Insofern könnten die Klagemöglichkeiten mittelbar Einfluss auf staatliche Regulierungen ausüben, und die Befürchtung, dass dadurch Umwelt-, Gesundheits-, oder Arbeitsstandards untergraben werden, sei nicht unbegründet.

Schlagwörter: Internationales Investitionsrecht, Auslandsinvestition, Handelsliberalisierung
JEL Klassifikation: F130, F530, K330

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