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Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Herbst 1994


ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 1994

in: ifo Wirtschaftskonjunktur, 1994, 46, Nr. 10, A1-A34

Nach Einschätzung der Mehrheit der Wirtschaftsforschungsinstitute ist die deutsche Wirtschaft seit dem Frühjahr 1994 wieder im Aufschwung. Im ersten Halbjahr 1994 war das gesamtdeutsche Bruttoinlandsprodukt real um etwa 2,8% höher als ein Jahr zuvor. In Westdeutschland wird die wirtschaftliche Entwicklung jetzt von konjunkturellen Auftriebskräften bestimmt. Das reale BIP nahm im Sommerhalbjahr mit einer laufenden Jahresrate von 3,5% zu, nach 1% im Winterhalbjahr; im dritten Quartal wurde das vor Beginn der Rezession erreichte Niveau überschritten. Angestoßen von der lebhaften Auslandsnachfrage und verstärkt durch kräftiger gewordene Bestellungen aus dem Inland erhöhte sich vor allem die Produktion im Grundstoff- und Produktionsgüter- sowie im Investitionsgütergewerbe. Die Bautätigkeit zog ebenfalls stark an. In Ostdeutschland nahm die gesamtwirtschaftliche Produktion im Sommerhalbjahr weiter kräftig zu. Erstmals trug auch das verarbeitende Gewerbe spürbar zur Steigerung des BIP bei. Der Anstieg hat inzwischen fast alle Branchen erfaßt. Ausschlaggebend dafür waren Fortschritte auf der Angebotsseite. Die Produktivität ist infolge der Modernisierung des Produktionsapparates, aber auch des Abbaus nicht weettbewerbsfähiger Kapazitäten spürbar gestiegen. Das gesamtdeutsche reale Bruttoinlandsprodukt wird 1994 um 2,5% zunehmen, im kommenden Jahr wird sich das Wachstumstempo auf 3% beschleunigen. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte im Jahresdurchschnitt 1995 um 150 000 Personen steigen, die Arbeitslosenquote wird um knapp 0,5 Prozentpunkte auf 9,3% sinken. Die gesamtdeutsche Inflationsrate wird 1995 bei 2,5% liegen, nach 3% im laufenden Jahr. Das gesamtdeutsche Leistungsbilanzdefizit dürfte von 45 Mrd. DM auf rund 35 Mrd. DM sinken.