Randstad-ifo-Personalleiterbefragung

Vom Urlaubsgeld bis zum Sabbatical – wie sieht die Praxis in deutschen Unternehmen aus?

Im ersten Quartal 2023 der Randstad-ifo-Personalleiterbefragung drehte sich alles um die Urlaubskultur in deutschen Unternehmen. Durchschnittlich gewähren diese 29 Tage Erholungsurlaub. Darüber hinaus geben die Fragen vor allem Aufschluss über das Urlaubsgeld sowie die verschiedenen Formen von Urlaub: Unbezahlter Urlaub, Bildungsurlaub, Sabbatical und „Workation“ – also die Verschmelzung von Urlaub und Arbeit – werden hinsichtlich ihres Angebots und ihrer Nutzung näher beleuchtet. In deutschen Unternehmen sind diese Formate zum jetzigen Zeitpunkt noch recht wenig verbreitet. Zudem zeigt sich, dass eine deutliche Divergenz zwischen Angebot und Inanspruchnahme herrscht.

Über die Hälfte der befragten Unternehmen zahlen Urlaubsgeld

Ob Unternehmen jährlich Urlaubsgeld auszahlen, hängt nicht nur von der Größe ab, sondern auch vom Wirtschaftsbereich. Am häufigsten zahlen Großunternehmen (76%) und Industriebetriebe (78%) Urlaubsgeld an ihre Beschäftigten. Je kleiner das Unternehmen, desto seltener wird Urlaubsgeld gewährt. Im Dienstleistungssektor zahlen lediglich 41% der Unternehmen Urlaubsgeld aus. Im Schnitt zahlen dies 57% aller befragten Unternehmen.

Infografik, Urlaubsgeld, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung
Infografik, Urlaubsgeld, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung

Auch in der Art und Höhe der Auszahlung zeigen sich Unterschiede: In 62% der Unternehmen berechnet sich die Höhe des Urlaubsgeldes anteilig nach dem Bruttogehalt, während in 38% der befragten Unternehmen das Urlaubsgeld als Pauschale ausbezahlt wird. Zahlen Unternehmen das Urlaubsgeld als einen Anteil am Bruttolohn, stellt die Höhe im Schnitt 55% des Bruttolohns dar. In den verschiedenen Wirtschaftsbereichen wird dies sehr ähnlich gehandhabt. Liegt bei der Bezahlung des Urlaubsgeldes eine Pauschale pro Urlaubstag zugrunde, ist diese im Durchschnitt 22,50 Euro. Die Durchschnittswerte variieren in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen zwischen 17,75 Euro im Dienstleistungssektor bis zu 28,50 Euro in der Industrie. Auch die verschiedenen Größenklassen weisen Unterschiede auf: Der Betrag pro Urlaubstag steigt mit Größe der Unternehmen. Die Spanne reicht von 17,91 Euro in Betrieben mit bis zu 49 Beschäftigten bis zu 28,86 Euro in Großunternehmen über 500 Mitarbeitende (50–249 Beschäftigten: 21,45 Euro, 250–499 Beschäftigte: 23,28 Euro). 

Mehrheitlich wird Bildungsurlaub angeboten  

In nahezu allen Bundesländern in Deutschland gibt es gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub. Der genaue Anspruch ist in den Gesetzen der jeweiligen Bundesländer festgelegt. Nur Bayern und Sachsen bilden eine Ausnahme: hier besteht kein gesetzlich festgelegter Anspruch auf Bildungsurlaub. Beim Bildungsurlaub gewähren Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden bezahlten Urlaub, den diese für eine Weiterbildung nutzen. Der Sonderurlaub steht zusätzlich zum regulären betrieblichen Erholungsurlaub zur Verfügung. In der Regel liegt dieser gesetzlich bei 5 Tagen pro Jahr. Die Weiterbildung muss dabei nicht zwangsläufig direkt mit der beruflichen Tätigkeit verbunden sein. In mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen (59%) haben die Beschäftigten die Möglichkeit, Bildungsurlaub zu nehmen. Nach Wirtschaftsbereichen grenzt sich der Handel deutlich von den beiden anderen ab: So besteht diese Möglichkeit in 69% der befragten Industrieunternehmen und zu 64% im Dienstleistungssektor. Hingegen sind es im Handel lediglich 35% der befragten Unternehmen. Der Anteil der Unternehmen, die Bildungsurlaub gewähren, nimmt mit sinkender Betriebsgröße ab: 86% der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten bieten Bildungsurlaub an, in der nächstkleineren sind es 77%. Bei Unternehmen mit 50–249 Beschäftigten ermöglichen 57% Bildungsurlaub, bei Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitenden sind es 41%. Aufgrund der nicht einheitlichen gesetzlichen Regelung in den einzelnen Bundesländern, lohnt sich ein Blick auf die Verteilung in den einzelnen Bundesländern. Wie zu erwarten, bilden Unternehmen in Bayern (40%) und Sachsen (31%) das Schlusslicht beim (dort nicht gesetzlich verankerten) Angebot für Bildungsurlaub. Im scharfen Kontrast dazu haben 88% der befragten Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern ein derartiges Angebot. 

Infografik, Möglichkeiten für Bildungsurlaub, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung
Infografik, Möglichkeiten für Bildungsurlaub, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung

Bildungsurlaub wird von den Beschäftigten kaum genutzt

Es zeigt sich eine große Divergenz zwischen dem Angebot und der Inanspruchnahme von Bildungsurlaub. Im Durchschnitt nehmen 3,5% der Beschäftigten in Betrieben mit einem derartigen Angebot dieses wahr. Während Mecklenburg-Vorpommern den höchsten Anteil an Möglichkeiten für Bildungsurlaub hat, nehmen nur 1,3% der Arbeitnehmenden dies durchschnittlich pro Jahr in Anspruch. Auch in Berlin ist die Differenz der beiden Werte sehr hoch. In Bremen hingegen nimmt ein relativ großer Anteil die Möglichkeit in Anspruch, während das Bundesland beim Angebot aber recht weit hinten liegt. 

Infografik, Anteil Belegschaft mit Bildungsurlaub, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung
Infografik, Anteil Belegschaft mit Bildungsurlaub, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung

Ein Viertel der befragten Unternehmen ermöglicht ein Sabbatical 

Unter Sabbatical wird unbezahlter Sonderurlaub verstanden, der bis zu einem Jahr andauern kann. In knapp einem Viertel der Unternehmen können Beschäftigte dies in Anspruch nehmen. In der Mehrheit der Unternehmen (59%) ist dies jedoch nicht möglich. Es zeigt sich ein relativ hoher Anteil an Unternehmen (17%), die „nicht bekannt“ angaben. Während 30% der Unternehmen in der Industrie ein Sabbatjahr ermöglichen, sind es im Handel 12%. Der Vergleich der Größenklassen zeigt hier ein deutliches Bild: je größer ein Unternehmen ist, desto eher wird ein Sabbatical ermöglicht. So bietet über die Hälfte der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und jedes vierte Unternehmen mit 250–499 Beschäftigten eine unbezahlte Auszeit an. Das Sabbatical wird von den hier erwähnten Zusatzangeboten am seltensten in Anspruch genommen: Der durchschnittliche Anteil der Belegschaft liegt bei unter einem Prozent. Die Dauer eines Sabbatjahrs liegt durchschnittlich bei 99 Tagen, der Median liegt hier bei 60. Die Dauer ist für Angestellte im Handel mit 127 Tagen am höchsten, gefolgt von der Industrie mit 117 Tagen und dem Dienstleistungssektor mit 87 Tagen. Während in Unternehmen ab 500 Beschäftigten und 50–249 Beschäftigten die Dauer mit 115 und 111 Tagen relativ hoch ist, liegt diese in Unternehmen mit 250-499 Beschäftigten bei 72 Tagen und in Betrieben mit bis zu 49 Beschäftigten bei 36 Tagen. 

Infografik, Möglichkeit für Sabbatical, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung
Infografik, Möglichkeit für Sabbatical, Randstad-ifo-Personalleiterbefragung

„Workation“: noch kaum genutztes Potenzial für Flexibilisierung

Neben den bisher beschriebenen Urlaubsformen taucht der Begriff „Workation“ immer häufiger auf. Darunter versteht man wortwörtlich die Verschmelzung von Arbeit und Urlaub. Beschäftigte reisen an einen (Urlaubs-)Ort und arbeiten dort während des Urlaubs, teilweise auch mit reduzierter Arbeitszeit. Die Ausweitung der Remotearbeit auf außerhalb der eigenen vier Wände macht diese Form des Arbeitens im Prinzip möglich. Dennoch wird „Workation“ aktuell noch eher selten genutzt bzw. angeboten. Dies unterstreicht auch die Neuartigkeit dieses Konzepts. Damit dies Einzug in den Arbeitsalltag nehmen kann, müssen Unternehmen die dafür notwendigen Formalitäten eingehend prüfen. Denn für alle Formen der Arbeit außerhalb der Betriebsstätte sind die gesetzlichen Bestimmungen zu Datenschutz, Arbeitszeit und dem Arbeitsschutz einzuhalten. Dort wo Homeoffice grundsätzlich möglich ist, hat dieses Instrument großes Potenzial für maximale Flexibilität – auch wenn sich den Befragungsergebnissen zufolge bisher nur wenige Firmen an dieses Zusatzangebot herantrauen. Insgesamt bieten dies 8% der befragten Unternehmen an. Im Dienstleistungssektor gewähren ein Zehntel der Unternehmen diese Möglichkeit, in der Industrie 8% und im Handel 2%. Auch wenn grundsätzlich die Möglichkeit von „Workation“ im Unternehmen besteht, nehmen dies durchschnittlich lediglich 3,3% der Belegschaft in Anspruch. 

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