ifoCAST

ifoCAST

Mit ifoCAST hat das ifo Institut seine Prognosearchitektur an moderne wissenschaftliche Methoden angepasst. Zu festgelegten Zeitpunkten im Jahr legt das ifo Institut regelmäßig Schätzungen und Prognosen des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) am aktuellen Rand vor. Dabei werden zahlreiche Konjunkturindikatoren berücksichtigt und deren Einfluss auf die Veränderung der Prognose gezeigt. Auf diese Weise verknüpfen wir unseren monatlich erscheinenden ifo Geschäftsklimaindex mit einer regelmäßig aktualisierten Beurteilung der aktuellen konjunkturellen Entwicklung.

Den Puls der Konjunktur fühlen: Backcast – Nowcast – Forecast

ifoCAST unterscheidet drei Prognosehorizonte: Backcast – Nowcast – Forecast. Der Backcast ist die Schätzung des deutschen BIPs für das kalendarisch abgelaufene Quartal vor seiner offiziellen Veröffentlichung durch das Statistische Bundesamt. Der Nowcast schätzt die Entwicklung des deutschen BIPs für das jeweils laufende Quartal. Unter dem Forecast versteht man die Prognose für das jeweils folgende Quartal.

ifoCAST - BIP-Prognose und Prognoseanpassung durch neue Informationen

ifoCAST erstellt Prognosen für das deutsche BIP am aktuellen Rand mit Hilfe eines statistischen Modells, das auf historischen Zusammenhängen beruht. Diese Prognosen müssen nicht zwangsläufig mit den veröffentlichten ifo Konjunkturprognosen übereinstimmen, in die zusätzlich Expertenwissen einfließt.

Veränderung ggü. dem Vorquartal in %, preis-, saison- und kalenderbereinigt

Ausmaß der Unsicherheit: 90%-Intervall basierend auf Prognoseverteilung.
Quelle: ifoCAST; Berechnungen des ifo Instituts. (Stand: )

Wie ist die Grafik zu lesen?

Für jeden Prognosezeitpunkt, der auf der horizontalen Achse abgetragen ist, zeigt der schwarze Punkt die jeweilige Punktprognose für die Veränderungsrate des BIPs gegenüber dem Vorquartal. Die Prognoseunsicherheit wird mit dem grauen Band beschrieben. Dabei zeigt ein breiteres Band eine erhöhte Prognoseunsicherheit an. Die Punktprognose verändert sich zwischen zwei Zeitpunkten durch unerwartete, vom Modell nicht antizipierte Informationen, d.h. Indikatorveröffentlichungen, die nicht mit der Modellprognose übereinstimmen. Die farbigen Balken entsprechen den Anteilen der Indikatorgruppen an der Prognoseveränderung (in Prozentpunkten). Ihre Summe entspricht der Prognoseanpassung. Die tatsächliche Realisation der Veränderungsrate des BIP gegenüber dem Vorquartal wird mit dem Dreieck bzw. der Raute gekennzeichnet. Die BIP-Schnellmeldung (Dreieck) wird vom Statistischen Bundesamt in der Regel 30 Tage nach Ende des Quartals (T+30) veröffentlicht. Die Detailmeldung (Raute), in der bereits erste Revisionen vorgenommen werden können, erfolgt 25 Tage später (T+55).

  • Methodik von ifoCAST
    • Den Kern von ifoCAST bildet ein dynamisches Faktormodell mit gemischten Frequenzen. Dabei wird aus einer Vielzahl von Konjunkturindikatoren (z.B. dem ifo Geschäftsklimaindex oder der Industrieproduktion) die gemeinsame Komponente extrahiert. Das Modell kann gleichzeitig monatlich und vierteljährlich verfügbare Indikatoren verarbeiten, sowie den Einfluss neuer Informationen auf die Veränderung der BIP-Prognose abbilden.

  • Indikatoren und Auswahl
    • Die Prognose der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sollte sich an einem breiten Spektrum von Indikatoren orientieren. Hierfür haben wir einen großen Datensatz zusammengestellt, der derzeit rund 300 Variablen aus unterschiedlichen Kategorien umfasst (z. B. Produktion, Aufträge, Befragungen). Neben Indikatoren für die deutsche Wirtschaft fließen auch Informationen ein, die die internationale Konjunktur beschreiben. Die Anwendung eines Machine-Learning-Algorithmus reduziert die Zahl der Indikatoren, die in das dynamische Faktormodell einfließen. Aktuell basiert die Prognose mit ifoCAST auf einer Auswahl von 21 Indikatoren, die zur vereinfachten Darstellung sieben Gruppen zugeordnet werden.

      Verwendete Indikatoren für die BIP-Prognose mit ifoCAST

      Indikator

      Gruppe

      Preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt

      VGR

      Produktion im Produzierenden Gewerbe

      Produktion

      Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe

      Umsätze

      Umsatz im Produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe)

      Umsätze

      Umsatz im Bereich Energie

      Umsätze

      Umsatz im Einzelhandel (ohne Kfz-Handel)

      Umsätze

      Umsatz im Gastgewerbe

      Umsätze

      Umsatz im Großhandel

      Umsätze

      Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe, insgesamt

      Aufträge

      Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe, inländisch

      Aufträge

      ifo Geschäftserwartungen, Gewerbliche Wirtschaft a

      Umfragen

      ifo Geschäftserwartungen, Verarbeitendes Gewerbe

      Umfragen

      ifo Exporterwartungen

      Umfragen

      ifo Auftragsveränderung ggü. Vormonat, Verarbeitendes Gewerbe

      Umfragen

      ifo Geschäftserwartungen, Großhandel

      Umfragen

      ZEW Finanzmarktindikator

      Umfragen

      Gemeldete offene Stellen

      Arbeitsmarkt

      Importe (Spezialhandel)

      International

      Exporte (Spezialhandel)

      International

      Globale Industrieproduktion

      International

      Globales Handelsvolumen

      International

      a Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel.

      Quellen: Bundesagentur für Arbeit; CPB Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis; ifo Konjunkturumfrage; Statistisches Bundesamt; ZEW-Finanzmarktreport.

  • Historische Prognosequalität
    • Um valide Aussagen über die Güte des neuen Prognoseansatzes zu treffen, haben wir die Prognosefehler über einen längeren Zeitraum mittels eines Prognoseexperiments für die Jahre 2011 bis 2019 evaluiert. Für jedes Quartal wurde eine Situation unterstellt, wie sie ein Prognostiker zum jeweiligen Prognosezeitpunkt vorgefunden hätte. Somit nutzen wir ausschließlich die damals verfügbaren Daten, schätzen das Modell damit, erstellen einen Nowcast für das jeweilige Quartal und bewegen uns anschließend sukzessive in der Zeit nach vorn.

      Mit sehr wenigen Ausnahmen liegt der Nowcast des neuen Prognoseansatzes sehr nah an der Realisation des BIP, wie sie vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wurde. Im Zeitraum 2011 bis 2019 beträgt der mittlere Prognosefehler von ifoCAST 0,03 Prozentpunkte, so dass sich hieraus keine systematischen Verzerrungen ablesen lassen. Die Prognosegüte, die üblicherweise mit der Wurzel des mittleren quadratischen Prognosefehlers gemessen wird, liegt im selben Zeitraum bei 0,31 Prozentpunkten. Die Standardabweichung der Verlaufsraten des deutschen BIP liegt bei 0,37 Prozentpunkten und damit über dem durchschnittlichen Prognosefehler von ifoCAST. Im Vergleich zu einfachen alternativen Prognoseansätzen kann sich die Prognosegüte von ifoCAST sehen lassen. 

       

      Infografik, Evaluation des Nowcasts im Zeitraum 2011 bis 2019

Basistexte

Aufsatz in Zeitschrift
Robert Lehmann, Magnus Reif, Timo Wollmershäuser
ifo Institut, München, 2020
ifo Schnelldienst, 2020, 73, Nr. 11, 31-39
Kontakt
CV Foto, Robert Lehmann, ifo Institut

Dr. Robert Lehmann

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Tel
+49(0)89/9224-1652
Fax
+49(0)89/985369
Mail
Prof. Dr. Timo Wollmershäuser, Stellvertretender Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen

Prof. Dr. Timo Wollmershäuser

Stellvertretender Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen und Leiter Konjunkturprognosen
Tel
+49(0)89/9224-1406
Fax
+49(0)89/907795-1406
Mail
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