Projekt

Verfahrensdauer von Gerichtsprozessen in Deutschland

Auftraggeber: Intern
Projektlaufzeit: Januar 2016 - März 2017
Bearbeitender Bereich:
Projektteam: Prof. Dr. Niklas Potrafke, Prof. Dr Markus Reisinger, Marina Riem, Christoph Schinke

Fragestellung und Ziel des Projekts

Untersucht wird, in welchem Maße die in Deutschland geltenden Prozessordnungen, insbesondere für Zivilprozesssachen, zu teilweise erheblichen Verfahrensdauern führen.

Methodische Vorgehensweise

Es werden Daten erhoben, um die gegenwärtige prozessuale Situation (etwa die Anzahl der pro Jahr erledigten Verfahren, die durchschnittliche Verfahrensdauer und die Quote an Revisionen) darstellen zu können.

Datenquellen

Statistisches Bundesamt, Justizverwaltungen der Länder.

Ergebnisse

In der Studie „Evaluierung der Effizienz von Gerichtsverfahren in Deutschland“ wird die Effizienz der deutschen Amtsgerichte im Zivilrecht anhand der Erledigungsquote, d.h. dem Anteil der erledigten Fälle an allen anhängigen Fällen, und der Zeit, die zur Erledigung eines Falles benötigt wird, untersucht.

Im europäischen Vergleich schneidet das deutsche Justizsystem bei Zivil- und Handelssachen im Hinblick auf seine Effizienz gut ab. Im Jahr 2012 lagen beispielsweise die Erledigungsquote mit 66,6 Prozent über dem Durchschnitt von 59,7 Prozent, die durchschnittliche Verfahrensdauer mit 6,1 Monaten unter dem europäischen Durchschnitt von 9,3 Monaten. Jedoch befindet sich Deutschland bei keinem der betrachteten Indikatoren für die Effizienz in der Spitzengruppe. Länder wie Luxemburg, Österreich, Dänemark und Schweden haben eine höhere Erledigungsquote, kürzere Verfahrensdauern und weniger anhängige Verfahren am Jahresende.

Innerhalb Deutschlands ist die Zahl der jährlichen Neuzugänge an Verfahren in Zivilsachen zwischen 2002 und 2014 von 1,4 Millionen auf 1,1 Millionen gesunken. Trotz der rückläufigen Zahl an Neuzugängen ist die Zahl der anhängigen Verfahren zum Jahresende relativ konstant geblieben und lag im Jahr 2014 bei 490.516. Die Erledigungsquote schwankte in Deutschland insgesamt in den Jahren 2001 bis 2014 zwischen 72,5 Prozent im Jahr 2005 und 69,3 Prozent im Jahr 2014. Die durchschnittlichen Verfahrensdauern sind leicht gestiegen.

Die durchschnittliche Effizienz der Justizsysteme in den einzelnen Bundesländern unterscheidet sich teilweise erheblich. So ist die Anzahl der am Jahresende anhängigen Verfahren pro Einwohner in den Stadtstaaten höher als in den Flächenländern. Die höchsten Erledigungsquoten weisen Bayern (72,7 Prozent), Baden-Württemberg (71,9 Prozent), und Hamburg (70,7 Prozent) auf, die niedrigsten Thüringen (63,5 Prozent), Bremen (64,7 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (66 Prozent).

Am kürzesten dauern durchschnittlich die Verfahren in Baden-Württemberg und in Bayern mit jeweils 4,1 Monaten und in Berlin (4,6 Monate). Die längsten durchschnittlichen Verfahrensdauern haben Thüringen (6,1 Monate), Bremen (5,7 Monate) und das Saarland (5,6 Monate).

Untersucht wurde ebenfalls die Effizienz auf der nächsttieferen Ebene, d.h. der einzelnen Amtsgerichte zwischen 2011 und 2014. Für 13 von 16 Bundesländern wurden Daten zur Verfügung gestellt. Hierbei konnten Unterschiede bezüglich der Erledigungsquoten und Verfahrensdauern zwischen und innerhalb der einzelnen Bundesländer festgestellt werden. So unterscheiden sich beispielsweise die Gerichte in Thüringen stärker untereinander als die Gerichte in Bremen.

Publikation

Potrafke, Niklas, Markus Reischmann, Marina Riem und Christoph Schinke, Evaluierung der Effizienz von Gerichtsverfahren in Deutschland, ifo Institut, München, 2017, 43 | PDF Download

Presseecho

Niklas Potrafke, Marina Riem, Christoph Schinke, Wirtschaftsfaktor Justiz – so gut arbeiten unsere Gerichte | 07.04.2017 | Presseartikel 

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Prof. Dr. Niklas Potrafke

Prof. Dr. Niklas Potrafke

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