Pressemitteilung -

ifo–Forscher Peichl für umfassende Reform der Grundsicherung

Die Grundsicherung in Deutschland umfassend zu reformieren, das fordert der ifo-Forscher Andreas Peichl. „Wir haben dazu rund 175 verschiedene Bestimmungen, das versteht keiner mehr. Das muss vereinfacht werden auf fünf“, sagte er am Mittwoch in München im ifo-Podcast „Wirtschaft für alle“ anlässlich der Veröffentlichung einer neuen Studie im Auftrag der Stiftung Grundeinkommen. „Das System ist zu kompliziert, und wirkt, als wäre es gemacht, um es den Empfängern schwer zu machen. Denn der Staat spart zwischen 6 und 10 Milliarden Euro im Jahr, weil Berechtigte im Antragsdschungel abgeschreckt werden und ihre Ansprüche nicht geltend machen. Das ist seit Jahrzehnten so“, sagte Peichl.

Mansour Aalam, Geschäftsführer der Stiftung Grundeinkommen und Auftraggeber der Studie, kritisiert die sog. "Nicht-Inanspruchnahme" als besonders schwerwiegenden Missstand: „Eine Grundsicherung, die 40 Prozent der Anspruchsberechtigten nicht in Anspruch nehmen, verfehlt klar ihren Auftrag. Die ifo-Studie zeigt: Eine Grundsicherung, die kompliziert und aufwendig beantragt werden muss, kommt viel zu oft nicht da an, wo sie benötigt wird – bei den Ärmsten unserer Gesellschaft. Deshalb plädieren wir dafür, bei einer Reform der Grundsicherung die Vorteile der Grundeinkommensidee zu integrieren, wie Einfachheit, Transparenz und Stigma-Freiheit. Aus Sicht der Stiftung Grundeinkommen sollte unsere Gesellschaft in der derzeitigen Diskussion über Grundsicherungsreformen die Chance ergreifen und auch darüber sprechen, mit welchen Elementen eines Grundeinkommens sie ihr soziales Sicherungssystem künftig weiterentwickeln möchte.“

Peichl schlug vor, die Einkommens- und Vermögensprüfung zu automatisieren, z.B. über Abfragen beim Finanzamt und bei der Arbeitsagentur. „Das könnte sehr viel Bürokratie einsparen.“ Berechtigte müssten nur noch erklären, dass ihr Vermögen nicht über einer bestimmten Summe liegt. Auf dieses Weise ließen sich Bescheide über 200 Seiten einsparen, die bislang von den Behörden detailliert erstellt und geprüft werden müssen.

Peichl kritisierte, es würden falsche Anreize gesetzt. Durch das Streichen  von staatlichen Leistungen hätten manche Empfänger netto weniger, wenn sie brutto etwas hinzuverdienten. „Das ist völlig absurd. Arbeitsagentur, Jugendamt, Wohnungsamt legen  unterschiedliche und teilweise widersprüchliche Kriterien an, was zum Einkommen zählt. Da fehlt es an Abstimmung.“ Deshalb müsse die Politik das System bei einer Reform umfassend betrachten.

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Prof. Dr. Andreas Peichl

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