Aufsatz in Zeitschrift

Zuwanderung und Fachkräftesicherung im Handwerk – Potenziale und Handlungsbedarf


ifo Institut, München, 2015

ifo Schnelldienst, 2015, 68, Nr. 21, 03-11

Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die deutsche Wirtschaft eine geregelte Zuwanderung braucht, um ihre Fachkräfteversorgung zu sichern. Auch im Handwerk wird intensiv diskutiert, welche Chancen sich für die Betriebe hier bieten, welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind und welche Anforderungen die Politik erfüllen muss. Um diese Fragen zu beleuchten und Antworten herauszuarbeiten, veranstalteten der Bayerische Handwerkstag und das ifo Institut am 14. Oktober 2015 ein Symposium unter dem Titel »Zuwanderung und Fachkräftesicherung im Handwerk – Potenziale und Handlungsbedarf«. Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Handwerkstages, Dr. Lothar Semper, der kurzfristig die Vertretung für den Präsidenten des Bayerischen Handwerkstages, Georg Schlagbauer, übernommen hatte, wies in seinen einführenden Worten darauf hin, dass bereits heute zahlreiche Handwerksbetriebe Probleme haben, qualifiziertes Personal zu finden. Allein 15% der in Bayern angebotenen Lehrstellen können aufgrund mangelnder geeigneter Bewerber nicht besetzt werden. Einer Studie von Prognos zufolge ist davon auszugehen, dass unter der Voraussetzung eines wachsenden Bedarfs an Arbeitskräften eine Arbeitskräftelücke in der Größenordnung von einer Million Personen im Jahr 2030 bestehen wird. Daher müssen alle Möglichkeiten im Auge behalten werden, um die Fachkräfteversorgung in Zukunft zu sichern, auch die Zuwanderung kann dazu einen Beitrag leisten. ifo-Präsident Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Werner Sinn setzte sich in seinem Vortrag kritisch mit der Frage auseinander, inwieweit die Migration das demographische Defizit kompensieren kann. Neben sofortigen Sprachkursen in Deutsch und einer Berufsausbildung schlägt Sinn die Aussetzung des Mindestlohns vor, damit eine Integration in den Arbeitsmarkt gelingen kann. Franz Josef Pschierer, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, veranschaulichte die besonderen Herausforderungen des demographischen Wandels für Bayern. So reichen die heimischen Arbeitskräftepotenziale in der Summe nicht aus, um den Fachkräftebedarf dauerhaft zu decken, vor allem auf speziellen Teilarbeitsmärkten treten besondere Mangelsituationen auf, beispielsweise bei Ingenieuren, Pflegekräften oder medizinischem Personal. Hier bietet die Zuwanderung Möglichkeiten, zumal die Integration in Ausbildung und Arbeit nirgendwo in Deutschland so gut gelingt wie in Bayern. Vor allem das Handwerk mit seinen Familienbetrieben schafft eine hervorragende Integrationsstruktur für junge Migranten. Aber auch der Freistaat Bayern ist sich seiner Verantwortung bewusst. Aus diesem Grund hat sich die Staatsregierung gemeinsam mit der bayerischen Wirtschaft und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit auf ein umfassendes Maßnahmenpaket im Rahmen der Vereinbarung für »Integration durch Ausbildung und Arbeit« zur Integration von anerkannten Asylbewerbern sowie Asylbewerbern und Geduldeten mit guter Bleibeperspektive verständigt.

Schlagwörter: Handwerk, Fachkräfte, Einwanderung, Arbeitsmarktpolitik
JEL Klassifikation: J610, J210, F220

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ifo Institut, München, 2015