Staatsverschuldung

Infolge der globalen Finanzkrise ist der Schuldenstand in den europäischen Volkswirtschaften deutlich angestiegen: In den EU-27 stiegen die Schulden zwischen 2008 und 2010 von 65,0 auf 80,5 Prozent des BIP und bis 2014 weiter auf 86,6 Prozent. Im Rahmen dieser zunehmenden Staatsverschuldung sind einige kleinere und stark verschuldete Länder Europas zunehmend in Bedrängnis geraten. In Frankreich blieb die Staatsverschuldung seither beispielsweise konstant bei über 95 Prozent, in Italien bei über 130 Prozent, und in Griechenland gar bei mehr als 180 Prozent des BIP.

Geldscheine verschiedener Währungen
Geldscheine verschiedener Währungen

Insgesamt ging bis 2019 die Staatsschuldenquote in den EU-27 allerdings auf 77,5 Prozent zurück. Einigen Ländern, wie Deutschland oder den Niederlanden, ist es sogar gelungen, ihre Verschuldung in Relation zum BIP auf ein geringeres Niveau als vor der Finanzkrise zurückzuführen. Dennoch hatten viele Staaten Europas vor der Coronakrise noch eine höhere Staatsschuldenquote als vor Beginn der Finanzkrise.

Die Corona-Pandemie führte zu einem erheblichen wirtschaftlichen Einbruch und einem Anstieg staatlicher Hilfs- und Stützungsmaßnahmen. Die Verschuldung hat dadurch in vielen Ländern drastisch zugenommen. In Deutschland wird die Staatsschuldenquote voraussichtlich von knapp 60 auf mindestens 75 Prozent des BIP steigen, in Frankreich auf knapp 120 Prozent, in Italien auf knapp 160 Prozent und in Griechenland auf Werte über 200 Prozent.

Schulden sind ein wichtiges Instrument der Finanzpolitik

Staatsschulden sind jedoch nicht per se schlecht. Tatsächlich sind Staatsschulden ein wichtiges Instrument der Finanzpolitik und sie zu erhöhen, ist in der Krise richtig. Durch den gezielten Einsatz von Staatsschulden können Wirtschaft und die Einkommen gestützt und ein größerer wirtschaftlicher Einbruch vermieden werden.

Gleichzeitig ist es wichtig, nach der Krise rechtzeitig wieder umzusteuern. Derzeit erlauben es niedrige, teils sogar negative Zinsen, mit hohen Staatsschulden zu leben, ohne dass die öffentlichen Haushalte durch Zinszahlungen überlastet werden. Hinzu kommt, dass viele Investoren in der Krise sichere Anlagemöglichkeiten suchen, zu denen Staatsanleihen zumindest der finanziell stabileren Länder in Europa gehören. Die niedrigen Zinsen bleiben jedoch nur bestehen, solange die Gläubiger das Vertrauen haben, ihr Geld sicher zurückzuerhalten.

Die Corona-Pandemie wird sicherlich nicht die letzte Wirtschaftskrise sein. Es ist wichtig, die Schuldenquote in den Jahren nach der Krise zurückzuführen, damit beim nächsten Einbruch der Wirtschaft neue Spielräume zur Stabilisierung verfügbar sind. Deshalb ist es wichtig, sich in Deutschland und Europa darauf festzulegen, die Schuldenquote mittelfristig wieder in Richtung 60 Prozent des BIP zu senken.

Diese Politik würde nicht nur Handlungsspielräume für die Zukunft schaffen, sondern auch das Vertrauen der Gläubiger stärken und die Zinskosten niedrig halten. Der sanfteste Weg zum Abtragen der Staatsschulden führt über wirtschaftliches Wachstum. Falls darüber hinaus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen notwendig werden, sollten Lasten fair verteilt und das Wirtschaftswachstum möglichst wenig beeinträchtigt werden.

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Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest

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