Economic Experts Survey: Politisches Klima verschlechtert sich weltweit (1. Quartal 2022)
Die Weltwirtschaftslage blieb im 1. Quartal 2022 angespannt. Die Corona-Pandemie hat durch die Omikron-Variante in vielen Ländern wieder an Fahrt aufgenommen und zu erheblichen Einschränkungen der Wirtschaftsaktivitäten geführt. Auch die geopolitische Zäsur durch die russische Invasion in die Ukraine am 24. Februar 2022 beeinflusst das globale politische und ökonomische Klima. Die Bewertungen der Wirtschaftsexpert*innen zur gegenwärtigen Wirtschaftspolitik in ihrem Land unterscheiden sich auf globaler Ebene stark.
Große regionale Unterschiede in der Bewertung der Wirtschaftspolitik
Die Bewertungen der Wirtschaftsexpert*innen zur gegenwärtigen Wirtschaftspolitik in ihrem Land unterscheiden sich auf globaler Ebene stark. In Nord-, West- und Südeuropa gehen sie von einer leichten Verbesserung gegenüber dem Vorquartal aus. In Osteuropa bewerten sie die aktuelle wirtschaftspolitische Lage hingegen negativer als noch Ende 2021. Während die Wirtschaftspolitik in Mittel- und Südamerika negativer bewertet wird als im 4. Quartal 2021, gehen die Teilnehmenden in Nordamerika von einer leichten Verbesserung aus. Mit Ausnahme von Ostafrika bewerten die Expert*innen die wirtschaftspolitische Lage in den Regionen Afrikas leicht bis merklich negativer als Ende 2021. Ähnlich gespalten zeigen sich auch die Ergebnisse für Asien und Ozeanien. Während die Teilnehmenden in Zentralasien, Ost-Asien und Südost-Asien eine positive wirtschaftspolitische Entwicklung wahrnehmen, hat sich die Stimmung in Südasien und Ozeanien eingetrübt.
Nachholbedarf bei der Wirtschaftspolitik hinsichtlich zukünftiger Herausforderungen
Die Bewertung der Wirtschaftspolitik setzt sich zu gleichen Teilen aus den Einschätzungen der Expert*innen zur aktuellen Wirtschaftspolitik und der Beurteilung der Wirtschaftspolitik hinsichtlich zukünftiger Herausforderungen zusammen. Im Vergleich der beiden Dimensionen wird deutlich, dass die aktuelle Wirtschaftspolitik durchschnittlich besser bewertet wird als die hinsichtlich zukünftiger Herausforderungen. Die Unterschiede sind insbesondere in Amerika, Asien (Ausnahme: Südasien), Europa und Ozeanien stark ausgeprägt. In Afrika ist das Bild heterogener: Während Nordafrika dem generellen Trend folgt und es in Zentral- und Westafrika nur kleine Unterschiede in der Bewertung gibt, beurteilen die Teilnehmenden im südlichen Afrika und in Ostafrika die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf zukünftige Herausforderungen sogar deutlich positiver als die aktuelle. Generell wird jedoch deutlich: Obwohl die Expert*innen die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf zukünftige Herausforderungen durchschnittlich schlechter bewerten als die aktuelle, wird die Wirtschaftspolitik in weiten Teilen Asiens und Europas zukunftsorientierter beurteilt als noch im Vorquartal.
Verschlechterung des politischen Klimas vor allem in Mittel- und Südamerika
Das weltweite politische Klima hat sich nach Einschätzungen der Wirtschaftsexpert*innen im Vergleich zum Vorquartal verschlechtert. Vor allem in Mittel- und Südamerika, aber auch in Nordamerika trübte sich die politische Stimmung nach Meinung der Teilnehmenden ein. In Europa gibt es einen deutlichen Ost-West-Unterschied: Während sich die politische Situation in Nord-, West- und Südeuropa verbesserte, wird das politische Klima in Osteuropa schlechter als noch Ende 2021 bewertet. Vergleichbar mit der Bewertung der aktuellen Wirtschaftspolitik beurteilen die Expert*innen mit Ausnahme von Ostafrika die politische Situation in den Regionen Afrikas leicht bis merklich negativer als im Vorquartal. In Asien zeigen sich West- und Zentralasien leicht verbessert, Ost- und Südostasien sogar deutlich verbessert. Südasien ist die einzige Region in Asien, in der sich das politische Klima verschlechterte. In Ozeanien wurde eine leicht negative politische Entwicklung wahrgenommen.
Performance der Regierung und politische Stabilität nehmen in großen Teilen Asiens zu
Die Bewertung des politischen Klimas setzt sich zu gleichen Teilen aus den Einschätzungen der Expert*innen zur Performance der Regierung und der politischen Stabilität zusammen. Während die politische Stabilität in der Wahrnehmung der Teilnehmenden im Vergleich zum Vorquartal im Durchschnitt zunahm, verschlechterte sich die Performance der Regierungen. Für die Verschlechterung der politischen Performance waren vor allem Regierungen in Afrika (Ausnahme: Ostafrika) und Amerika (Ausnahme: Nordamerika) verantwortlich. Verbesserungen in der politischen Performance nahmen die Expert*innen bei Regierungen in Asien (Ausnahme: Südasien) war. In Europa ist das Bild heterogener: Während es vor allem in Nordeuropa Verbesserungen gab, verschlechterte sich die Performance in Osteuropa deutlich. Auch in Ozeanien verschlechterte sich die Performance der Regierung etwas im Vergleich zum Vorquartal.
Die politische Stabilität verbesserte sich nach Ansicht der Expert*innen in weiten Teilen Asiens (Ausnahme Südasien) und in Ozeanien teils deutlich. Politisch instabiler wurde es hingegen in Amerika. In Afrika gibt es starke regionale Unterschiede: Während sich die politische Stabilität in Zentralafrika und im südlichen Afrika verschlechterte, bewerten die Teilnehmenden die Lage in Nord-, Ost- und Westafrika besser als noch Ende 2021. Ausgeprägte regionale Unterschiede gibt es auch in Europa: Nord-, West- und Südeuropa zeigen eine politische Stabilisierung, Osteuropa eine politische Destabilisierung. Generell hervorzuheben ist, dass sowohl die Performance der Regierung als auch die politische Stabilität in Osteuropa im Vergleich zum Vorquartal schlechter bewertet wurden.
Der Economic Experts Survey (EES), eine vierteljährliche Umfrage des ifo Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik, erfasst die Einschätzungen von internationalen Wirtschaftsexpert*innen zur aktuellen Wirtschaftspolitik und dem politischen Klima. An der Umfrage vom 16. Februar 2022 bis zum 2. März 2022 nahmen 1603 Personen aus 132 Ländern teil.