Randstad-ifo-Personalleiterbefragung

Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt als Teil der HR-Strategie gegen Arbeits- und Fachkräftemangel (1. Quartal 2024)

Im ersten Quartal 2024 der Randstad-ifo-Personalleiterbefragung drehte sich alles um Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt, insbesondere vor dem Hintergrund des Arbeitskräfte- und Bewerbermangels. Die am häufigsten von den Unternehmen eingesetzten Tools für Chancengerechtigkeit sind die Flexibilisierung von Arbeitszeiten sowie die Flexibilisierung an geleisteten Arbeitsstunden. Zudem haben in diesem Zuge drei Viertel der befragten Unternehmen die Struktur ihrer Stellenausschreibungen sowie Bewerbungsprozesse in den letzten fünf Jahren verändert – auch, um mehr Bewerbungen zu erhalten.

Fast jedes zweite Unternehmen (47%) ergreift Maßnahmen, um die Teilhabe und Chancen aller potenziellen Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Weitere 22% haben derartige Mittel in Planung. Knapp jedes dritte Unternehmen (31%) sieht dies nicht als Teil seiner HR-Strategie an. Während die Zahl der Firmen, die dies bereits in ihre Strategie integriert haben mit jeweils 49% in der Industrie und im Dienstleistungssektor etwas höher liegt, sind es im Handel weniger Unternehmen (39%). Im Handel plant jedes vierte Unternehmen, derartige Schritte zu ergreifen. In der Industrie und im Dienstleistungsbereich gab dies zusätzlich zu den Betrieben, die es bereits umsetzen, etwas mehr als jedes fünfte Unternehmen an.

Auffällig ist hier der Größenklassenvergleich. Mit abnehmender Größe nimmt auch das Ergreifen von Maßnahmen ab: Bei Großunternehmen ab 500 Mitarbeitenden gaben 67% an, solche Instrumente zu nutzen. Weitere 24% planen dies zu tun. Damit gaben lediglich 9% an, dass dies kein Thema in der HR-Strategie sei. In Unternehmen mit 250-499 Mitarbeitenden sind es noch über die Hälfte der HR-Abteilungen, die solche Maßnahmen ergreifen (57%), bei kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden 35%.

Infografik, Maßnahme Teilhabe Arbeitnehmer, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1
Infografik, Maßnahme Teilhabe Arbeitnehmer, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1

Mehr als zwei Drittel der Unternehmen sehen Entwicklungsmöglichkeiten bei Chancen für Menschen mit Behinderung

Am meisten Bedarf für Verbesserung sehen Unternehmen bei Chancen für Menschen mit Behinderung. Hier gaben 69% der befragten Unternehmen an, Entwicklungsmöglichkeiten sowie Handlungsbedarf in ihrem Unternehmen festzustellen. Über die Hälfte, 55%, sehen zudem Möglichkeiten beim Einstieg für Menschen mit niedrigem Bildungshintergrund und fast ebenso viele (54%) bei Chancen für Menschen mit Migrationshintergrund. Jedes dritte Unternehmen sieht noch Luft nach oben bei der Weiterbildung und Qualifizierung von Mitarbeitenden. Weniger Handlungsbedarf sehen die Teilnehmenden in der Arbeitgeberattraktivität für alle Altersgruppen (22%) sowie in gleichen Chancen und der gleichen Vergütung für alle Geschlechter (21%). Chancengleichheit bei Alter und Geschlecht sollten allerdings nicht vernachlässigt werden: insbesondere mit Blick auf den Arbeits- und Fachkräftemangel, dem demografischen Wandel und der Teilzeitquote von Frauen.

Im Größenklassenvergleich zeigt sich, dass kleinere Unternehmen generell etwas weniger Entwicklungsmöglichkeiten bzw. geringeren Handlungsbedarf sehen als große Unternehmen. So ist auch hier die meistgenannte Maßnahme: Chancen für Menschen mit Behinderung sicher zu stellen. Bei Unternehmen mit 250-499 Mitarbeitenden gaben dies 81% an, bei Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden 71% und bei kleinen Unternehmen und Kleinstunternehmen jeweils 66% und 65%.

Infografik, Einstiegsmöglichkeiten, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1
Infografik, Einstiegsmöglichkeiten, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1

Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsstunden wichtigste Tools

Das am häufigsten eingesetzte Tool ist die Flexibilisierung von Arbeitszeiten. 66% der Unternehmen gaben an, dies ihren Mitarbeitenden anzubieten. Jedes zweite Unternehmen stellt außerdem sicher, dass die Anzahl an geleisteten Arbeitsstunden flexibel gestaltet werden kann und somit Teilzeitarbeit möglich ist. In kleinen Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitenden ist dies jedoch deutlich seltener der Fall (42%) als in großen Unternehmen (250-499 Mitarbeitende: 59%, ab 500 Mitarbeitende: 53%). 39% der Teilnehmenden nutzen die Absenkung von Eintrittsvoraussetzungen als Maßnahme. Hier fällt auf, dass es im Handel 46% sind, die sich dieses Tools bedienen, im Dienstleistungssektor dagegen nur 35%. Die Flexibilisierung des Arbeitsortes wird weniger häufig angeboten als die anderen beiden Flexibilisierungsmöglichkeiten. Hier gab knapp jedes dritte Unternehmen an, dies durchzuführen. Während im Dienstleistungssektor 39% der Unternehmen diese Maßnahme ergreifen, sind es in der Industrie 30% und im Handel 19%. Dies dürfte jedoch vor allem daran liegen, dass manche Berufe nur an einem festen Ort ausgeführt werden können.

Im Größenklassenvergleich ist auffällig, dass die freie Auswahl des Arbeitsortes mit steigender Unternehmensgröße deutlich zunimmt. Während bei Kleinstunternehmen jedes fünfte Unternehmen diese Flexibilisierung anbietet, sind es bei Unternehmen mit 50-249 Mitarbeitenden knapp jedes Dritte, bei Betrieben mit 250-499 Mitarbeitenden 43% und bei großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden fast jedes Zweite (47%). Ähnlich häufig werden Sprachkurse angeboten. Dies gaben 28% der Teilnehmenden an. Während in der Industrie 32% und im Dienstleistungssektor 31% Sprachkurse für Mitarbeitende organisieren, sind es im Handel mit 15% deutlich weniger.

Der Größenklassenvergleich zeigt erneut eine Häufung der Maßnahme bei steigender Unternehmensgröße. 51% der Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden bieten ihren Angestellten Sprachkurse an, während es bei Unternehmen unter 50 Mitarbeitenden 14% sind. Die Unterstützung zur Kinderbetreuung in Form von einer betrieblichen Kita oder auch einem Kita-Zuschuss liefert etwas mehr als jedes fünfte Unternehmen. Hier sticht besonders der Dienstleistungssektor hervor, in dem 28% der Unternehmen ein solches Angebot haben. Auch hier steigt das Angebot mit steigender Unternehmensgröße. Vereinzelt wurden zudem beispielsweise Weiterbildungen sowie die Maßnahme der Unterstützung bei der Wohnungssuche genannt.

Infografik, Maßnahmen Teilhabe, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1
Infografik, Maßnahmen Teilhabe, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1

Drei Viertel der Unternehmen haben Stellenausschreibungen und Bewerbungsprozesse angepasst

Drei Viertel der befragten Unternehmen gaben an, ihre Struktur von Stellenausschreibungen sowie die Bewerbungsprozesse in ihrem Unternehmen in den letzten fünf Jahren verändert zu haben, um mehr Bewerbungen zu erhalten. Auffällig ist hierbei, dass vor allem große Unternehmen eine Änderung vorgenommen haben. So waren es bei Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden fast alle (96%) und bei Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden etwas mehr als die Hälfte (59%). Zudem haben im Industrie- und Dienstleistungssektor mehr Unternehmen eine Änderung vorgenommen (jeweils 77%) als im Handel (70%).

Infografik, Veränderung Bewerbungsprozess, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1
Infografik, Veränderung Bewerbungsprozess, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1

Die häufigste Änderung stellt die mögliche Bewerbung über Social-Media-Plattformen dar. Dies gaben 62% der Unternehmen an, die eine Änderung durchgeführt haben. Dies dürfte vor allem zum Ziel haben, die jüngere Generation anzusprechen und sich an deren Lebensweise anzupassen. Diese Änderung wurde vor allem in der Industrie (68%) und im Dienstleistungssektor (62%) vorgenommen, etwas weniger im Handel (53%). Besonders stark ist der Unterschied zwischen den Unternehmensgrößen. Bei großen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden haben 93% der Befragten diese Bewerbungsmöglichkeit eingefügt, bei einer Mitarbeiteranzahl von 250-499 waren es 76%, bei einer Anzahl von 50-249 Mitarbeitenden 64%, und bei weniger als 50 Mitarbeitenden 41%. Nahezu jedes zweite Unternehmen (45%) hat zudem den Zugang für Quereinsteiger erleichtert. Dies ist als Antwort auf den steigenden Arbeits- und Fachkräftemangel zu sehen.

Vor allem in den Engpassberufen ist es unerlässlich, flexibler beim Einstellen von Personal zu werden. Zudem zeigt sich, dass sich die Unternehmen bereits dazu gezwungen fühlen, darauf zu reagieren. Im Handel liegt die Zahl bei 50%, in der Industrie und im Dienstleistungssektor bei 41% bzw. 45%. In Unternehmen mit 250-499 Mitarbeitenden gaben 59% an, diese Veränderung durchgeführt zu haben. Bei kleinen Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitenden sind es dagegen nur 36%. Eine Reduzierung der Einstiegsvoraussetzungen, wie zum Beispiel der Ausbildung oder Berufserfahrung, nehmen 40% in Kauf. Hier zeigen sich nur geringe Unterschiede in den Wirtschaftsbereichen und Größenklassen. 21% der befragten Unternehmen verzichten inzwischen auf ein Foto in der Bewerbung. Bei kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden sind es hingegen nur 12%. Jedes fünfte Unternehmen verzichtet zudem auf ein Anschreiben, um die Bewerbung niedrigschwellig zu halten. Während dies unter sehr großen Unternehmen 35% der Befragten angaben, waren es bei kleinen Unternehmen unter 50 Mitarbeitenden nur 10%. Der Verzicht auf Nachweise (11%) und die Altersangabe (10%) kommen hingegen nur selten vor und auch hier am ehesten in großen Unternehmen. Die Frage nach dem Einsatz von KI bejahten 3% der befragten Unternehmen.

Infografik, Änderung Bewerbungsprozess, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1
Infografik, Änderung Bewerbungsprozess, Randstad-ifo-Personalleiterbefragungen 2024 Q1

Unternehmen sehen sich selbst in der größten Verantwortung

Die Frage nach der Verantwortung für mehr Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt beantworteten die meisten Teilnehmenden mit ihrer eigenen Verantwortung. Für 68% der Teilnehmenden tragen unter anderem Unternehmen die Verantwortung. Für 63% trägt außerdem das Bildungssystem einen großen Teil dazu bei. 51%, also jedes zweite Unternehmen, sieht den Staat in der Mitverantwortung. Für 48% ist auch das Individuum selbst verantwortlich.

Publikationen

Kontakt
CV Foto von Daria Schaller

Daria Schaller

Fachreferentin
Tel
+49(0)89/9224-1317
Mail
Das könnte Sie auch interessieren