Gastbeitrag

Wie Europa auf das Klimaschutz-Programm der USA reagieren sollte

Mit dem „Inflation Reduction Act“ (IRA) soll primär die amerikanische Wirtschaft geschützt werden. Aber der IRA wird auch Auswirkungen auf die Handelspartner der USA haben. Es wird befürchtet, dass dadurch Importe aus Europa benachteiligt werden und europäische Unternehmen in die Vereinigten Staaten abwandern könnten. Niklas Potrafke erläutert, wie die europäischen Regierungen auf den IRA regieren sollten.


Quelle:
Die Welt

Der „Inflation Reduction Act“ (IRA) hält gegenwärtig Europas Regierungen in Atem. Der IRA ist ein groß angelegtes Programm der Amerikaner, das einen Beitrag zum Klimaschutz leisten soll (die Inflation im Titel ist dabei nur Marketing, viele Inhalte hätten schon in einem Programm im Dezember 2021 verabschiedet werden sollen).

Treibhausgase sollen reduziert werden. Gefördert werden sollen insbesondere erneuerbare Energien, unter anderem die Produktion von Windrädern. Geschehen soll dies durch Maßnahmen wie Steuergutschriften und Subventionen. Bis zum Jahr 2031 sind dafür 369 Milliarden US-Dollar vorgesehen.

Geschützt werden soll primär die Wirtschaft der USA. Doch sind die Vereinigten Staaten eine offene Volkswirtschaft. Sie betreiben Handel mit vielen Ländern der Welt, auch mit Deutschland. Der IRA wird sich daher auch auf die Handelspartner der USA auswirken.

Befürchtet wird, dass dadurch Importe aus Europa benachteiligt werden und europäische Unternehmen in die Vereinigten Staaten abwandern könnten. Eine wesentliche Frage ist deshalb, wie europäische Regierungen auf den IRA regieren sollen.

Mit ebenso großen Subventionsprogrammen? Hier ist Zurückhaltung angebracht. Erstens ist zweifelhaft, dass der IRA die Vereinigten Staaten zum Schlaraffenland für Investitionen macht. Zweitens müsste man in Europa gut ergründen, wann und wie Subventionen gerechtfertigt sind.

Mit dem IRA sind auch Steuererhöhungen verbunden, die die USA als Investitionsstandort unattraktiver machen. Eingeführt wird eine Steuer auf Aktienrückkäufe, und es werden mehr Mittel bereitgestellt, um Steuervermeidung und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Die vermutlich bedeutsamste Steuererhöhung ist die Einführung einer Mindeststeuer von 15 Prozent für große Unternehmen. Betroffen sind davon nicht nur amerikanische Unternehmen. Vielmehr betrifft die Steuererhöhung auch global tätige Unternehmen mit Tochterunternehmen in den Vereinigten Staaten.

Wie viele global agierende Unternehmen (auch aus Deutschland) von der Steuererhöhung betroffen sind, kann gegenwärtig noch nicht genau beziffert werden. Subventionen können dann gerechtfertigt sein, wenn sie sogenannte externe Effekte internalisieren.

Unternehmen bleiben nur für die Subventionen

Wenn im Markt weniger von einem Gut produziert wird, als effizient wäre, dann ist es aus wohlfahrtstheoretischer Sicht sinnvoll, wenn der Staat durch eine Subvention in den Markt eingreift und so sicherstellt, dass mehr von dem Gut produziert wird.

Im Rahmen des IRA entstehen solche externen Effekte vorwiegend durch die Förderung umweltfreundlicher Energien, beispielsweise durch Forschung und Entwicklung oder neue Produktionsanlagen mit Spitzentechnologien. Regierungen muss es jedoch gelingen, Industrien mit Subventionen zu fördern, in denen ihr Land auch tatsächlich komparative Vorteile hat.

Wenn die Vereinigten Staaten etwa Windräder im Vergleich zu anderen Ländern effizienter produzieren können, ginge deren Subventionsstrategie auf. Wird jedoch einfach Geld in eine Industrie gepumpt, in der Unternehmen in anderen Ländern ohne diese Subventionen effizienter produzieren oder entwickeln könnten, dann werden die Unternehmen nur so lange bleiben, wie es die Subventionen gibt.

Bei der Produktion von Windrädern ist insbesondere fraglich, ob die Vereinigten Staaten komparative Vorteile haben. Wenn Regierungen in Europa nun ihrerseits Industrien subventionieren wollen, so müsste es ihnen gelingen, ebensolche Industrien zu fördern, in denen hier effizienter als anderswo produziert werden kann.

Weiterhin besteht die Gefahr, dass sich die Regierungen gegenseitig so aufschaukeln, dass es bei den Subventionen zu einem Überbietungswettbewerb kommt.

Auch die praktische Umsetzung von Subventionen in Europa wäre nicht einfach. So müsste zunächst das Beihilfenrecht gelockert werden. Doch sind die nationalen Voraussetzungen, Subventionen tätigen zu können, in den Ländern Europas unterschiedlich.

Deutschland hätte beispielsweise aufgrund seiner noch etwas günstigeren Situation der öffentlichen Haushalte mehr Möglichkeiten als andere Länder. Deshalb wird oft gefordert, einen EU-Finanzierungstopf zu schaffen, aus dem Subventionen in finanziell schwächeren Ländern finanziert werden sollten. Im Gespräch ist, diesen Topf über neue Schulden zu finanzieren.

Die EU könnte neue Schulden aufnehmen, welche die Mitgliedsländer gemäß ihrem Anteil am EU-Bruttonationaleinkommen durch Garantien absichern könnten. Aber das ist keine gute Idee. Vielmehr gilt es zu prüfen, Mittel aus dem bestehenden Fonds Next Generation EU (NGEU) zu verwenden – dessen Schuldenaufnahme seinerzeit als einmalig beschrieben wurde. Aus dem NGEU bekommen bereits die bedürftigen Länder die Mittel.

Niklas Potrafke ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der LMU München und leitet das ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie.

Kontakt
Prof. Dr. Niklas Potrafke

Prof. Dr. Niklas Potrafke

Leiter des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie
Tel
+49(0)89/9224-1319
Fax
+49(0)89/907795-1319
Mail