Pressemitteilung -

Eine europäische Arbeitslosen-Rückversicherung könnte bis zu 25 Prozent der Einkommensverluste in Rezessionen auffangen

Eine europäische Arbeitslosen-Rückversicherung könnte 15 bis 25 Prozent der Einkommensverluste der Arbeitnehmer auffangen, die durch steigende Arbeitslosigkeit in tiefen Rezessionen verursacht werden. Aber es müssten verschiedene Vorkehrungen getroffen werden, um negative Anreizeffekte zu vermeiden. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie für das Forschungsnetz EconPol Europe, die der ifo-Forscher Mathias Dolls geschrieben hat. "Eine Rückversicherung sollte die Mitgliedstaaten nur in schweren Rezessionen unterstützen. Die Rückversicherung enthält daher zwei Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Zahlungen ausgelöst werden: Die Mitgliedstaaten erhalten einen einmaligen Transfer aus dem System, wenn die Arbeitslosigkeit über ihrem langfristigen Durchschnitt liegt und wenn der Anstieg der Arbeitslosenquote im Jahresvergleich einen bestimmten Schwellenwert überschreitet“, sagt Dolls.

Das Papier beruht auf Berechnungen mit Haushaltsmikrodaten für die Jahre 2000 bis 2016 und betrachtet Varianten mit Schwellenwerten von ein und zwei Prozentpunkten. Wenn sie ausgelöst werden, entsprechen die Zahlungen der Rückversicherung den zusätzlichen Ausgaben, die eine durchschnittliche Arbeitslosenversicherung im Euroraum im entsprechenden Jahr zu tragen hätte. Dolls fügt hinzu: "Die analysierte Rückversicherung zielt darauf ab, eine Balance zwischen makroökonomischer Stabilisierung einerseits und dem Erhalt von Anreizen andererseits herzustellen."

Insbesondere Länder mit sich verschlechternden Arbeitsmarktbedingungen nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 wie Irland, Lettland oder Spanien wären unterstützt worden. In der Variante mit einem Schwellenwert in der Aktivierungsregel von einem Prozentpunkt hätten auch Länder wie Österreich, Finnland, Frankreich oder Deutschland Transfers aus der Rückversicherung erhalten.

Während des gesamten Simulationszeitraums wären einige Mitgliedstaaten Netto-Zahler in die Rückversicherung gewesen, andere Netto-Empfänger. Die Regeln hätten aber sichergestellt, dass kein Mitgliedstaat permanent Netto-Zahler oder Netto-Empfänger gewesen wäre.

„Eine Arbeitslosen-Rückversicherung sollte als potenzielles Element eines ausgewogenen und umfassenderen Reformpakets für das Euro-Währungsgebiet betrachtet werden, das zu einer verbesserten Marktdisziplin, Risikoreduktion und Risikoteilung beiträgt. In der Praxis müsste eine Rückversicherung so ausgestaltet sein, dass negative Anreizeffekte so gering wie möglich sind. So müsste beispielsweise die Höhe der Beitragszahlungen das Risikoprofil eines Mitgliedstaats widerspiegeln, und die Verfügbarkeit der Rückversicherung sollte an Bedingungen geknüpft werden, insbesondere an die Einhaltung von Fiskalregeln“, sagt Dolls.

Die EconPol-Studie ist die erste wissenschaftliche Untersuchung, die eine Evaluation einer Arbeitslosen-Rückversicherung für das Euro-Währungsgebiet hinsichtlich möglicher Stabilisierungs- und Verteilungswirkungen vornimmt. Sie folgt einem Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vom Oktober 2018 und jüngsten Aussagen von EU-Kommissionspräsident Jean Claude-Juncker. Juncker sagte, er sei für eine europäische Arbeitslosen-Rückversicherung, warnte aber davor, dass sie für Länder kein Freibrief sein dürfe, die sich aufgrund mangelnder Reformen in Schwierigkeiten befinden.

Publikation

Mathias Dolls, "An Unemployment Re-Insurance Scheme for the Eurozone? Stabilizing and Redistributive Effects", EconPol Policy Report 10, 2019

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Dr. Mathias Dolls

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