Aufsatz in Zeitschrift

Entwicklung von Beschäftigung und Kurzarbeit in den neuen Bundesländern

Joachim Gürtler, Dieter Lange
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 1991

in: ifo Schnelldienst, 1991, 44, Nr. 19, 10-15

Im Durchschnitt des Jahres 1990 dürfte die Zahl der Beschäftigten in der Industrie um rund 410.000 unter den Vorjahresstand auf knapp 2,8 Mill. gefallen sein. Weit stärker als in der Entwicklung der Zahl der Beschäftigten kommt die wirtschaftliche Verschlechterung in der Kurzarbeit zum Ausdruck. Nach Befragungsergebnissen arbeitete der überwiegende Teil der Befragten Industrieunternehmen März 1991 kurz (93%). Sowohl Dauer als auch Ausmaß des Arbeitsausfalls deuten darauf hin, daß die Kurzarbeit anhalten wird. Die Beteiligung der Kurzarbeiter an den von den Arbeitsämtern geförderten beruflichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen bewegt sich auf sehr niedrigem Niveau; nur etwa jeder zehnte Kurzarbeiter hat an einer Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen. Bezogen auf die Beschäftigtenzahl von rund 2,2 Mill. Ende März 1991 in Industriebetrieben ergibt sich aufgrund der Angaben der befragten Betriebe ein Freisetzungspotential von rund 700.000 Personen, wobei im Textil- und Bekleidungsgewerbe (-47%) sowie Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbau (-36%) mit einem überdurchschnittlichen Beschäftigtenabbau gerechnet wird. Als Schwerpunkte des Beschäftigtenabbaus wurden Verwaltung (97%), Produktion (66%) und die Datenverarbeitung (63%) von den befragten Unternehmen genannt. Nach arbeitsmarktpolitischem Handlungsbedarf gefragt, räumten die Unternehmen der verstärkten Anpassung der Löhne an die Produktivität die höchste Priorität ein, gefolgt von der Forderung nach Einführung stärkerer Lohnunterschiede (im Produktionsbereich der ostdeutschen Unternehmen werden gegenwärtig etwa 55 bis 65% der Westlöhne bezahlt; im Management dagegen nur 35% und weniger).

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