Aufsatz in Zeitschrift

Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 1992


ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 1992

in: ifo Wirtschaftskonjunktur, 1992, 44, Nr. 04, A1-A36

Nach dem einigungsbedingten Boom befindet sich die westdeutsche Wirtschaft seit dem Sommer letzten Jahres in einer konjunkturellen Abschwächung. Nach dem Wegfall der Sondereinflüsse, die für den Anstieg der Produktion im ersten Quartal maßgeblich waren, dürften die dämpfenden Faktoren zunächst wieder die Entwicklung bestimmen. Für den weiteren Verlauf des Jahres ist dann mit einem moderaten Zuwachs zu rechnen. Das westdeutsche Bruttoinlandsprodukt dürfte 1992 das Vorjahresergebnis um fast 1,5% übertreffen. Das Bruttosozialprodukt wächst nur um 1%, da ein Teil der Einkommen Pendlern aus Ostdeutschland zufließt. In Ostedeutschland ist es bisher nicht zu der Initialzündung für einen sich tragenden, kräftigen Aufholprozeß gekommen, den der Staat mit umfangreichen Transfers und Fördermaßnahmen schon auf kurze Sicht hoffte auslösen zu können. Für 1992 zeichnet sich in Ostdeutschland eine nach und nach stärkere Expansion der gesamtwirtschaftlichen Produktion ab, zu der in der zweiten Jahreshälfte auch die Industrie deutlich beitragen wird. Das ostdeutsche Bruttoinlandsprodukt dürfte 1992 um 7% zunehmen und nächstes Jahr etwa doppelt so stark. Nach wie vor gehen in Ostdeutschland mehr Arbeitsplätze verloren als neue entstehen, und die Zahl der Erwerbstätigen geht zurück. Gegen Jahresende könnte die Arbeitslosigkeit mit etwa 1,4 Mill. Personen den Höchststand erreicht haben. Die tiefe Kluft zwischen Produktion und Einkommen in Ostdeutschland wird nach wie vor durch massive Transferzahlungen aus dem Westen überbrückt. Die Transfers entsprechen in diesem Jahr etwa 60% des ostdeutschen Sozialprodukts und dürfte hoch bleiben. In der gegenwärtigen labilen gesamtwirtschaftlichen Lage müssen die wirtschaftspolitischen Akzente so gesetzt werden, daß die Investitionsbereitschaft nach

Schlagwörter: Weltwirtschaft, Wirtschaftspolitik, Produktion, Konjunktur, Einkommen, Deutschland, neue Bundesländer, alte Bundesländer, Industrie, Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit