Aufsatz in Zeitschrift

Prognose '93 : Konjunkturtief und neue Belebung

Willi Leibfritz, Wolfgang Nierhaus, Josef Körner, Wolfgang Meister, Frauke Neumann
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 1992

in: ifo Wirtschaftskonjunktur, 1992, 44, Nr. 12, A1-A17

Die westdeutsche Konjunktur läuft Gefahr, in einen sich selbst verstärkenden Abschwung zu geraten. Die Erwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate sind ähnlich pessimistisch wie während der Rezessionsphase Mitte der siebziger und Anfang der achtziger Jahre. Auch wenn die Lage in der Bauwirtschaft und im Dienstleistungsbereich deutlich besser ist als in der Industrie, ist zu befürchten, daß die westdeutsche Konjunktur in der ersten Jahreshälfte 1993 in eine rezessive Phase gerät. In der zweiten Jahreshälfte könnte sich dann die wirtschaftliche Lage wieder verbessern. Doch bedarf es dazu deutlicher Signale von seiten der Wirtschaftspolitik. Insbesondere sollte der Konflikt zwischen Lohnpolitik und Finanzpolitik einerseits und Geldpolitik andererseits schnell gelöst werden, so daß die Zinsen weiter sinken können. In Ostdeutschland kommt die Umstellung der Wirtschaft zwar voran, aber das Tempo der Erholung ist noch sehr gering. Die Kostensituation der ostdeutschen Betriebe hat sich wegen der schnell steigenden Löhne weiter verschlechtert. Die Lücke zwischen Produktion und Einkommen in Ostdeutschland ist nach wie vor sehr groß, so daß ein erheblicher Teil der staatlichen Finanztransfers aus Westdeutschland zur sozialen Absicherung und damit letztlich für konsumtive Zwecke eingesetzt werden muß. Das Risiko, daß die Konjunkturschwäche in Westdeutschland den Aufbau in Ostdeutschland beeinträchtigt, steigt. Das gesamtdeutsche Bruttoinlandsprodukt wird im Jahr 1993 stagnieren. Die Zahl der Arbeitslosen nimmt um 400 000 auf 3,4 Mill. zu. Die Tatsache, daß trotz der deutlichen Konjunkturabschwächung das Staatsdefizit nicht ansteigt, ist vor allem auf die steuerpolitischen Maßnahmen ( Mehrwertsteuererhöhung, Einführung der Zinsabschlagsteuer) und auf die Gesundheitsreform zurückzu

Schlagwörter: Konjunktur, Produktion, Deutschland