Aufsatz in Zeitschrift

Konversion des Rüstungsektors - Entwicklungsoption für Rußland?

Thomas Sauer
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 1994

in: ifo Schnelldienst, 1994, 47, Nr. 32, 21-32

In Rußland mehren sich seit 1993 die Symptome einer Form der Deindustrialisierung, die in der Fachliteratur unter dem Stichwort "Dutch desease" diskutiert wird. Ausgelöst durch einen exogenen Rohstoffpreisschock, verschlechterte sich die Wettbewerbsposition der verarbeitenden Industrie. Die Anpassung der Preise für russische Rohstoffexporte in das "nahe Ausland" an das Weltmarktniveau wirkte wie ein Rohstoffboom, der die Nachfrage nach russischen Rubeln erhöhte und den realen Rubelkurs stützte. Besonders betroffen von der "holländischen Krankheit" ist der Rüstungssektor, der einen großen Teil der langlebigen Konsum- und Investitionsgüter herstellt. Neue Daten des "Zentrums für ökonomische Konjunktur" in Moskau belegen, daß es der Rüstungsindustrie bis 1993 gelang, durch die Fertigung ziviler Erzeugnisse den Rückgang der Wehrgüterproduktion wenigstens teilweise zu kompensieren. 1994 dürfte die scharfe Importkonkurrenz die Zivilproduktion des Rüstungssektors nachhaltig beeinträchtigen: Die Produktion wird hier wahrscheinlich erstmals stärker sinken als im Industriedurchschnitt. Es besteht also die Gefahr, daß durch die Überbewertung des Rubel eine erfolgreiche Konversion der russischen Rüstungsindustrie verhindert wird.

Schlagwörter: Rußland, Rüstungskonversion, Rüstungsindustrie, Wirtschaftswachstum, Reform, Arbeitslosigkeit, Produktion, Unternehmen, Beschäftigung, Wettbewerb