Aufsatz in Zeitschrift

Die Vorschläge der Kommission zur Finanzierung der Gesetzlichen Krankenkassen: Bürgerversicherung oder Kopfprämien?

Mathias Kifmann, Achim Wambach, Berthold U. Wigger
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2003

in: ifo Schnelldienst, 2003, 56, Nr. 10, 3-10

Das gegenwärtige Finanzierungssystem der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steht auf der Kippe. Die »Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme«, besser bekannt als Rürup-Kommisssion, hat zwei verschiedene Finanzierungskonzepte vorgeschlagen: die »Bürgerversicherung« und die »Kopfprämien«. Nach Überprüfung der jeweiligen Vor- und Nachteile der beiden Konzepte zieht Dr. Mathias Kifmann, Universität Konstanz, das Fazit, »dass beide Vorschläge die Finanzierungsprobleme der GKV teilweise lösen. Die Befürworter von Kopfprämien haben ein schlüssiges Konzept zur Einbeziehung weitere Einkunftsarten bei der Finanzierung der GKV vorgelegt. Bei der Gestaltung der Transferleistungen sollte noch sichergestellt werden, dass möglichst viele Versicherte den Anreiz besitzen, eine kosteneffiziente Krankenkasse zu wählen. Die Bürgerversicherung hat den Vorteil, dass sie über eine Ausweitung der Versicherungspflicht auf alle Erwerbstätigen den Solidaritätsgedanken in der GKV stärken und eine Beitragsentlastung der heute Versicherten erreichen würde.« Schließlich betont er auch, dass sich die beiden Vorschläge nicht grundsätzlich ausschließen müssen. Für Prof. Achim Wambach, Ph.D., und Prof. Dr. Berthold U. Wigger, beide Universität Erlangen-Nürnberg, ist der Unterschied zwischen den Reformkonzepten eher formaler Art: »Auf den ersten Blick scheint das Kopfpauschalenkonzept die sauberere Finanzierungsvariante zu sein, weil es klar zwischen staatlichen Umverteilungsaufgaben im Allgemeinen und einem staatlichen Ausgleich von Krankheitsrisiken im Besonderen trennt und nur dieses in den Bereich der GKV stellt, während es jenes dem allgemeinen Steuer- und Transfersystem zuweist. Werden freilich bei einem Kopfpauschalensystem genau jene Umverteilungselemente in das Steuer- und Transfersystem eingearbeitet, die bei der Bürgerversicherung in der GKV verbleiben, dann nimmt der Unterschied zwischen den beiden Reformvarianten eher formale als inhaltliche Gestalt an. Selbst ohne flankierende Änderungen im jetzigen Steuer- und Transfersystem bieten beide Varianten erheblichen Spielraum für mehr oder weniger Umverteilung der Einkommen. Bereits durch ein entsprechendes Austarieren der steuerfinanzierten Prämienzuschüsse kann das Kopfpauschalensystem die Umverteilungskomponenten der Bürgerversicherung in weiten Teilen nachahmen. Andererseits wirkt die Bürgerversicherung faktisch wie ein Kopfpauschalensystem, wenn nur die Beitragsbemessungsgrenze hinreichend niedrig und der Beitragssatz entsprechend hoch angesetzt werden. ... Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das Problem, ob Bürgerversicherung oder Kopfpauschalen, also nicht als ein Problem, das in seinem Kern die Finanzierung der GKV und den damit verbundenen sozialen Ausgleich betrifft. ... Tatsächlich scheint die Frage, ob Bürgerversicherung oder Kopfpauschalen, nämlich eher das Problem zu berühren, welche Bevölkerungsteile die GKV einschließen soll.« 

Schlagwörter: Gesundheitspolitik, Gesetzliche Krankenversicherung, Finanzierung, Bevölkerungsstruktur, Deutschland
JEL Klassifikation: H550,I180

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ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2003