Aufsatz in Zeitschrift

Bankenunion: Ist eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht ein neues Instrument der Bankenrettung?

Hans-Peter Burghof, Bernhard Speyer, Michael Kemmer, Jörg Rocholl, Georg Fahrenschon, Jörg Asmussen, Clemens Fuest
ifo Institut, München, 2012

ifo Schnelldienst, 2012, 65, Nr. 14, 03-25

In der Debatte über die Zukunft der Eurozone wird auch das Konzept der Bankenunion diskutiert. Hans-Peter Burghof, Universität Hohenheim, sieht unter den gegenwärtigen Bedingungen die Gefahr einer europäischen Bankenunion, in der das Vermögen einiger Länder des Währungsraumes ohne wirksame Kontrolle in den Herrschaftsbereich einiger anderer Länder in Europa verschoben wird. Nach Ansicht von Bernhard Speyer, Deutsche Bank Research, wird ohne die Verwirklichung der Bankenunion weder der Finanzbinnenmarkt noch die Stabilität der Währungsunion zu retten sein. Allerdings sind hierfür grundlegende Vorarbeiten und eine Änderung des Vertrags notwendig. Eine Bankenunion sei weder Ersatz für Integrationsschritte an anderer Stelle noch sei sie geeignet als rasche Lösung für akute Probleme in den Bankensystemen einzelner Staaten. Für Michael Kemmer, Bundesverband deutscher Banken, kommt es wesentlich auf die richtige Schrittfolge auf dem Weg zu einer Bankenunion an. Wer als ersten Schritt eine europäische Einlagensicherung und einen europäischen Abwicklungs- bzw. Restrukturierungsfonds fordere, faktisch eine Vergemeinschaftung von Risiken, werde eher über kurz als über lang ins Straucheln geraten. Jörg Rocholl, European School of Management and Technology, Berlin, sieht derzeit die Voraussetzungen für eine Bankenunion nur sehr eingeschränkt gegeben. Deutschland solle daher eine übereilte Einführung einer Bankenunion ablehnen. Es ließe sich weder wirtschaftlich noch politisch vermitteln, dass die in bestimmten Ländern entstandenen Risiken, ohne die Möglichkeiten entsprechender Kontrollvorrichtungen, zulasten aller vergemeinschaftet werden. Für Georg Fahrenschon, Deutscher Sparkassen- und Giroverband, ist eine einheitliche europäische Einlagensicherung, die nichts weiter ist, als eine gigantische Umverteilung zu Lasten der deutschen Sparer, keine Antwort auf Krisen in anderen Teilen Europas. Nach Meinung von Jörg Asmussen, Europäische Zentralbank, hat die Krise verdeutlicht, wie wichtig grenzüberschreitende Lösungen für die Finanzmarktstabilität in einem einheitlichen Währungsraum sind. Eine Finanzmarktunion sei daher ein wesentlicher Beitrag für eine stabile Wirtschafts- und Währungsunion. Für Clemens Fuest, Oxford University, kann die Bankenunion der Eurozone eine Langfristperspektive geben, die glaubwürdiger ist als die Idee, aus der Eurozone eine zentralistische Fiskalunion zu machen.

Schlagwörter: Bankenaufsicht, Geldmarkt, Bankenkrise, Finanzmarkt, Finanzmarktkrise, Währungsunion, Europa, Eurozone
JEL Klassifikation: F300, F340, G280, G200

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ifo Institut, München, 2012