Aufsatz in Zeitschrift

Berufschancen für Frauen, Lohnlücke: Ist die »gläserne Decke« noch Realität oder schon Vergangenheit?

Friederike Maier, Oliver Stettes, Monika Queisser
ifo Institut, München, 2013

ifo Schnelldienst, 2013, 66, Nr. 07, 03-11

Neuere Untersuchungen zeigen, dass Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern zunehmen. Friederike Maier, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, betont, dass nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Vergleich von erwerbstätigen Männern und Frauen weiterhin eine große Lohnlücke besteht, die 2012 im bundesdeutschen Durchschnitt bei 22%, in Westdeutschland bei 24%, in Ostdeutschland bei 7% liegt. Ihrer Ansicht nach werden Frauen auf dem Arbeitsmarkt weiterhin diskriminiert, nicht direkt in Form von Lohnabschlägen wie in den 1970er Jahren, sondern indirekt über Segregation der Beschäftigung und institutionalisierte Ungleichheiten im Lebensverlauf. Denn die Beschäftigung von Frauen konzentriere sich in Berufen und Branchen mit niedriger Entlohnung, und gleichzeitig seien sehr viel weniger Frauen in höher bezahlten Positionen beschäftigt als Männer. Für Oliver Stettes, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, ist die durchschnittliche Lohndifferenz von 22% kein Hinweis auf ungleiche Behandlung. Denn die Zahl sage nicht, dass Frauen und Männer auf dem gleichen Arbeitsplatz, bei gleicher Qualifikation und Verantwortung, im gleichen Betrieb mit gleicher Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit ungleich bezahlt werden, sondern nur im Durchschnitt. Frauen und Männer weisen jedoch auch im Jahr 2013 noch fundamental unterschiedliche Erwerbsbiographien auf. Sie wählen unterschiedliche Berufe – Frauen im Durchschnitt häufiger solche, in denen die Verdienstchancen für beide Gruppen gleichermaßen schlechter sind als anderswo – und entscheiden sich für andere Karriereverläufe – es sind immer noch meistens die Frauen, die für ein Kind eine längere Zeit ihre berufliche Laufbahn unterbrechen oder Teilzeit arbeiten. Nehme man alle Faktoren, die üblicherweise mit der Höhe des Entgelts zusammenhängen, mit in den Blick, bleibe von der Verdienstlücke nichts mehr übrig, da ja auch die Berufs- und Arbeitsplatzwahl jeder Person freigestellt sind. Nach den Angaben von Monika Queisser, OECD, verkleinern sich zwar die Unterschiede in der Bezahlung von Männern und Frauen von einer Generation zur nächsten, so dass jüngere Frauen in vielen Ländern inzwischen fast genauso viel wie jüngere Männer verdienen, aber in fast allen OECD-Ländern bestehen immer noch zum Teil große Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. Genaugenommen bestehe der große Unterschied in den Löhnen nicht zwischen Männern und Frauen, sondern zwischen Männern und Müttern. Hier könne die Politik ansetzen. So sei die Kinderbetreuung ein wichtiger Faktor, der es Frauen ermöglichen könne, nach einer Babypause oder einer längeren Betreuungszeit wieder voll in den Arbeitsmarkt einzusteigen und dann auch in den Jobs zu arbeiten, für die sie ausgebildet sind und in denen sie gut bezahlt werden.

Schlagwörter: Lohndifferenzierung, Arbeitsmarktdiskriminierung, Vergütungssystem, Weibliche Arbeitskräfte, Fraueneinkommen, Gleichstellungspolitik, Gleichberechtigung, Beruf
JEL Klassifikation: J160, J710

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ifo Institut, München, 2013