Aufsatz in Zeitschrift

Erbschaftsteuern: Ist der Steuerbonus für Unternehmenserben gerechtfertigt?

Christoph Spengel, Frank Streif, Johanna Hey, Rainer Kirchdörfer, Christian Seiler, Michael Meister, Berthold Welling
ifo Institut, München, 2014

ifo Schnelldienst, 2014, 67, Nr. 17, 05-21

Ist die Bevorzugung von Unternehmenserben gegenüber Erben von Privatvermögen verfassungswidrig? Christoph Spengel, Universität Mannheim, und Frank Streif, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim, sehen durchaus Reformbedarf bei der Übertragung von Betriebsvermögen. Man könnte daran denken, sämtliche Privilegierungen für Betriebsvermögen bei der Bemessungsgrundlage abzuschaffen und gleichzeitig die Steuersätze zu senken sowie eine Stundung der Steuer vorzusehen, falls diese nicht aus dem laufenden Gewinn des Unternehmens oder dem übrigen Vermögen gezahlt werden kann. Für Johanna Hey, Universität zu Köln, besteht wenig Zweifel an der Verfassungswidrigkeit des derzeitigen Steuerbonus für Unternehmenserben. Eine neuerliche Erbschaftsteuerreform sollte in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern entworfen werden. Denn die Abschätzung der Wirkungen alternativer Erbschaftsteuermodelle setze eine empirische Analyse voraus, wie sie nur von der Wirtschaftswissenschaft geleistet werden könne. Rainer Kirchdörfer, Stiftung Familienunternehmen, hält den Steuerbonus für Unternehmensnachfolger aus übergeordneten volkswirtschaftlichen Erwägungen heraus für gerechtfertigt. Der teilweise Verzicht auf Erbschaftsteuer bringe an anderer Stelle deutlich mehr zugunsten des allgemeinen Wohlstandes ein, als er koste. Nach Meinung von Christian Seiler, Universität Tübingen, kann die Verschonung von Betriebsvermögen gerechtfertigt werden. Dies bedeute allerdings nicht notwendig, an der derzeitigen Ausgestaltung der Erbschaftsteuer festzuhalten. Michael Meister, Bundesministerium der Finanzen, sieht in der gegenwärtigen Regelung keinen beliebigen Steuerbonus, sondern eine ökonomisch gutbegründete Entscheidung, der ein ökonomisch und gesellschaftlich motiviertes Bekenntnis zugrunde liegt: Unternehmen, die Arbeitsplätze und Investitionen langfristig sichern, zu erhalten und zu unterstützen. Für Berthold Welling, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., Berlin, ist das Problem die Überbewertung der Unternehmensanteile der Familienunternehmen durch das Bewertungsrecht. Erst wenn der tatsächlich zu erzielende Wert eines Unternehmensanteils als Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer herangezogen werde, könne eine moderate Erbschaftsteuer als fair empfunden werden.

Schlagwörter: Erbschaftsteuer, Steuervergünstigung, Unternehmensnachfolge, Familienunternehmen, Steuerreform, Deutschland
JEL Klassifikation: G320, H250, L260, M130

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ifo Institut, München, 2014