Aufsatz in Zeitschrift

Die Kosten der doppelten Haltelinie

Axel Börsch-Supan, Johannes Rausch
ifo Institut, München, 2018

ifo Schnelldienst, 2018, 71, Nr. 09, 23-30

Im Koalitionsvertrag vom 14. März 2018 wird angekündigt, die Leistungen und Beiträge der Gesetzlichen Rentenversicherung durch eine sogenannte »doppelte Haltelinie« festzuschreiben. Konkret soll das Netto-Standardrentenniveau vor Steuern nicht unter 48% absinken und gleichzeitig der Beitragssatz nicht über 20% ansteigen. Diese Haltelinien sollen zunächst bis 2025 gelten. Da in dieser Zeit die Zahl der Rentenempfänger stark steigen wird, wird eine Finanzierungslücke entstehen. Hierzu sagt der Koalitionsvertrag, dass deren Finanzierung »bei Bedarf durch Steuermittel sicher[zu]stellen« ist. Axel Börsch-Supan und Johannes Rausch, Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, München, quantifizieren in ihrem Artikel den entsprechenden Finanzierungsbedarf und rechnen ihn in Mehrwertsteuerpunkte um. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass der Finanzierungsbedarf bis 2025 relativ gering ist, sich dann jedoch dramatisch erhöht. Allein in den folgenden fünf Jahren bis 2030 müsste die Mehrwertsteuer über den normalen Bundeszuschuss hinaus um ca. 3 Prozentpunkte angehoben werden, langfristig sogar um zwischen 6 und 7 Prozentpunkte. Auch Alternativen sind teuer. Würde man die Fixierung von Rentenniveau und Beitragssatz durch eine Erhöhung des Regelrenteneintrittsalters kompensieren, müsste dieses bis 2030 auf 69 und bis 2045 auf 71 Jahre angehoben werden. Verzichtet man auf die Haltelinie beim Beitragssatz, bedeutet die Einhaltung der anderen Haltelinie einen Beitragssatzanstieg um das Doppelte der jetzt avisierten Erhöhung. Deshalb kann nur ein intelligenter Mix der in der umlagefinanzierten Rentenversicherung zur Verfügung stehenden Stellschrauben den dramatischen Anstieg einzelner Parameter der Gesetzlichen Rentenversicherung verhindern.

Schlagwörter: Gesetzliche Rentenversicherung, Rentenpolitik, Rentenfinanzierung
JEL Klassifikation: H550, J260, J140

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