Aufsatz in Zeitschrift

Konjunkturelle Eintrübung und sinkende Produktion in der Industrie: Was können Unternehmen und Politik tun?

Werner Eichhorst, Ulf Rinne, Hubertus Heil, Martin Brudermüller, Almut Balleer, Britta Gehrke, Brigitte Hochmuth, Christian Merkl, Ulrich Kater, Felix Pakleppa, Sebastian Link, Timo Wollmershäuser
ifo Institut, München, 2019

ifo Schnelldienst, 2019, 72, Nr. 18, 03-23

Die Perspektiven für die Wirtschaft trüben sich weiter ein. Der Abschwung setzt sich fort. Nicht nur in der Industrie werden die Sorgen größer, die Abwärtstendenz erfasst zunehmend auch die anderen Wirtschaftszweige. Immer mehr Ökonomen warnen vor einer Rezession in Deutschland. Wie sollten Unternehmen und Politik auf die konjunkturelle Eintrübung reagieren? Könnte Kurzarbeit eine Lösung sein?

Werner Eichhorst und Ulf Rinne, IZA, Bonn, zeigen, dass Kurzarbeit Unternehmen dabei unterstützen kann, ihre Belegschaft im Betrieb zu halten. Dieses Instrument greife aber bei tiefergehenden strukturellen Problemen zu kurz. Eine Weiterbildungsoffensive sei unabhängig von Kurzarbeit notwendig. Dabei gelte es, den schwierigen Spagat zwischen selbstbestimmter Qualifizierung auch losgelöst vom Arbeitsplatz und bedarfsgerechter Weiterbildung unter Einbeziehung der Unternehmen zu bewerkstelligen. 

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, stellt das »Arbeit-von­morgen-Gesetz« vor, das einen Instrumentenkasten, der noch stärkere Anreize für Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen geben soll, beinhaltet. Dies sei gerade für die Unternehmen, die sich im Strukturwandel befinden, besonders wichtig.

Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF SE, erläutert die Maßnahmen, mit denen BASF auf die Wachstumsverlangsamung und den industriellen Strukturwandel reagiert. Es bestehe aber auch Handlungsbedarf in der Politik. Dieser sei mit dem Umbruch der Agenda 2010 vergleichbar.

Almut Balleer, RWTH Aachen, Britta Gehrke, Brigitte Hochmuth und Christian Merkl, Universität Erlangen-Nürnberg, argumentieren, dass Kurzarbeit zur Stabilisierung der Beschäftigung in den Jahren 2009 und 2010 beigetragen habe, aber dafür nicht allein verantwortlich gewesen sei. Kurzarbeit sollte zudem weiterhin konjunkturell, aber nicht strukturell eingesetzt werden.

Ulrich Kater, Deka Bank, Frankfurt am Main, sieht in der gegenwärtigen Konjunktureintrübung gegenüber herkömmlichen Konjunkturschwankungen einige Besonderheiten. So sei die konjunkturelle Abschwächung von einer weltweit rückläufigen Industrienachfrage getrieben, während auf gesamtwirtschaftlicher Ebene die konjunkturelle Abschwächung dank einer robusten Binnendynamik und eines widerstandsfähigen Arbeitsmarktes sehr moderat sei. Vor allem geo- und handelspolitische Einflüsse sorgten für investitionshemmende Unsicherheiten. Es sei sinnvoller, weniger über Maßnahmen zur Stabilisierung der laufenden »Rezession«, sondern mehr über die Förderung des Wachstums in demografisch schwierigen Zeiten nachzudenken.

Felix Pakleppa, Zentralverband Deutsches Baugewerbe, verweist auf die Besonderheit der Bauwirtschaft, die noch keine konjunkturelle Eintrübung in »unseren Auftragsbüchern … zu verzeichnen (habe)«.

Sebastian Link und Timo Wollmershäuser, ifo Institut, stellen die Ergebnisse der neuesten ifo Konjunkturumfragen vor. Danach nimmt die Kurzarbeit weiter deutlich zu. Derzeit fahren 5,5% der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe Kurzarbeit. Auf seinem letzten Tiefstand Ende 2017 hatte der Anteil nur 0,5% betragen. Darüber hinaus erwarten 12,4% der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe Kurzarbeit in den kommenden drei Monaten.
 

Schlagwörter: Wirtschaftsentwicklung, Politische Entscheidung, Industrie, Unternehmen, Konjunktur, Arbeitsmarkt
JEL Klassifikation: L600, O100, J200

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