Monographie (Autorenschaft)

Wirtschafts-/Konjunkturanalyse mit Stromverbrauchsdaten

Valeriya Azarova, Robert Lehmann, Sascha Möhrle, Andreas Peichl, Karen Pittel, Marie-Theres von Schickfus, Timo Wollmershäuser
ifo Institut, München, 2022

ifo Forschungsberichte / 129

Die Corona-Krise untermauerte die Notwendigkeit unkonventioneller Datenquellen zur zeitnahen Beurteilung der aktuellen Wirtschaftslage. Besonders schwierig ist die Datenlage der Bundesländer. In diesem Forschungsbericht wird untersucht, ob sich hochfrequente Angaben zum bayerischen Stromverbrauch zur Wirtschafts- und Konjunkturanalyse eignen. Erstens wird der Stromverbrauch großer Abnehmer im Hinblick auf Energieeffizienz, Lastspitzenverteilung und Auswirkungen auf die Luftverschmutzung untersucht. Zweitens wird der Frage nachgegangen, ob sich der Stromverbrauch zur Datierung der bayerischen Konjunktur eignet. Drittens wird die Prognosetauglichkeit der Stromverbrauchsdaten geprüft. Insgesamt erweist sich die neue Datenquelle als vielversprechend und nützlich. Bei der Untersuchung der Energieeffizienz finden sich rein deskriptiv Brüche im Zeitverlauf der aggregierten Stromverbrauchsdaten, was auf die Einführung energiepolitischer Maßnahmen zurückgeführt werden könnte. Für eine kausale Untersuchung werden jedoch disaggregierte Daten benötigt. Auch wurden Unterschiede in den Nachfragespitzen im Vergleich zu Gesamtdeutschland und ein positiver Einfluss des Industriestromverbrauchs auf die wichtigsten Luftschadstoffe festgestellt. Darüber hinaus sind die aggregierten Stromverbrauchsdaten geeignet, die konjunkturellen Ausschläge der bayerischen Industrieproduktion zu datieren. Besonders die schweren Rezessionen sowie die sich anschließenden Erholungsphasen werden zuverlässig vom Stromverbrauch angezeigt. Außerdem weisen die Stromverbrauchsdaten eine hohe Prognosetauglichkeit für die Industrieproduktion Bayerns sowohl auf Monats- als auch Wochenbasis auf. Bei der Prognose des laufenden Monats (Nowcast) ist der bayerische Stromverbrauch im Durchschnitt der beste Indikator. Bei der Prognose des kommenden Monats verliert der Stromverbrauch jedoch an Prognosekraft.