Economic Experts Survey (EES)

Economic Experts Survey: Weltweit pessimistische Wachstumserwartungen für 2023 hellen sich bis 2026 auf – außer in Europa (4. Quartal 2022)

Rechnen ökonomische Expertinnen und Experten weltweit mit einer Rezession im Jahr 2023? Und wie sehen die langfristigen Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung aus? Die aktuelle Befragungswelle des Economic Expert Survey (EES) des ifo Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik untersucht die Erwartung für das Wirtschaftswachstum von Ökonominnen und Ökonomen auf globaler Ebene für die Jahre 2023, 2024 und 2026. Teilgenommen haben mehr als 1.500 einflussreiche Expertinnen und Experten aus 133 Ländern.

Die Ergebnisse zeigen, dass sie für 2023 weltweit eher pessimistisch auf die wirtschaftliche Entwicklung in ihren Ländern blicken, jedoch insgesamt nicht von einer starken Rezession ausgehen. Im Mittel wird für 2023 global eine durchschnittliche Wachstumsrate von 2,8% erwartet, rund 0,4% geringer als die tatsächlichen Wachstumsraten in den zehn Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Für die Jahre 2024 und 2026 gehen die Expertinnen und Experten mit 3,3% und 3,8% im Mittel von einer Erholung aus. Verglichen mit den weltweit zunehmend optimistischen Erwartungen sind Expertinnen und Experten in Europa weniger zuversichtlich. Insbesondere in Osteuropa (0,1%) und in Westeuropa (0,7%) gehen die Fachleute von geringen Wachstumsraten im Jahr 2023 aus, die sich bis 2026 nur langsam an die insgesamt positive weltweite Entwicklung anpassen.

Pessimistische Erwartungen für 2023, aber keine globale Rezession

ifo Grafik, Economic Experts Survey, Wachstumserwartungen, 4. Quartal 2022
ifo Grafik, Economic Experts Survey, Wachstumserwartungen, 4. Quartal 2022

Notiz: Die Abbildung zeigt das erwartete Wirtschaftswachstum im weltweiten Mittel für die Jahre 2023 (2,8%), 2024 (3,3%) und 2026 (3,8%). Dargestellt ist der Median der Durchschnitte auf Länderebene.

Für das Jahr 2023 erwarten die befragten Ökonominnen und Ökonomen im globalen Mittel ein Wirtschaftswachstum von 2,8%. Dies ist der Median der durchschnittlich erwarteten Wachstumsraten auf Länderebene. Der Median wird verwendet, weil sich die erwarteten Wachstumsraten regional sehr stark unterscheiden und in einigen Ländern und Regionen starke Ausreißer in den Erwartungen gemessen werden. Die Erwartungen für 2023 liegen insgesamt rund 0,4 Prozentpunkte unter der mittleren globalen Wachstumsrate in den zehn Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Trotz der insgesamt pessimistischen Erwartungen gehen die Expertinnen und Experten weltweit nicht von einer Rezession aus. Die Ausnahme hierzu bildet Europa. Insbesondere in West- und Osteuropa sehen Expertinnen und Experten ihre Länder an der Grenze zur Rezession.

Für die kommenden Jahre rechnen Expertinnen und Experten im Mittel wieder mit einem Anstieg des Wirtschaftswachstums. Die erwarteten Wachstumsraten liegen mit 3,3% für das Jahr 2024 und 3,8% für das Jahr 2026 über dem weltweiten Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019.

Wachstumserwartungen in Afrika und Südost-Asien positiver als im Rest der Welt

ifo Grafik, Economic Experts Survey, Wachstumserwartungen, 4. Quartal 2022
ifo Grafik, Economic Experts Survey, Wachstumserwartungen, 4. Quartal 2022

Notiz: Die Abbildung zeigt das arithmetische Mittel des erwarteten Wirtschaftswachstums in den Regionen für das Jahr 2023.

Der Blick auf die einzelnen Erdteile offenbart große Unterschiede in den Erwartungen für das Wirtschaftswachstum 2023 zwischen den Regionen der Welt. So sind die Expertinnen und Experten in Teilen Afrikas und Asiens deutlich zuversichtlicher als im Rest der Welt. Das höchste Wachstum erwarten die Expertinnen und Experten mit rund 8% in Ostafrika. In Südostasien (4,7%), Mittel- (4,7%) und Westafrika (5,2%) erwarten Fachleute höhere Wachstumsraten als im Rest der Welt. Ohne die tendenziell positiveren Erwartungen in Afrika und Asien lägen die weltweiten Erwartungen für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2023 bei lediglich 1,7%. Jedoch bleiben auch in weiten Teilen Afrikas und Asiens die erwarteten Wachstumsraten hinter der durchschnittlichen Entwicklung der vergangenen Jahre zurück.

Weniger optimistisch sind die Expertinnen und Experten in Europa. Gerade die Länder in Osteuropa wähnen die Expertinnen und Experten an der Schwelle zur Rezession (0,1%). Auch für Nord- (1,2%) und Westeuropa (0,7%) gehen die Fachleute im Mittel von geringen Wachstumsraten aus, für Deutschland liegen die Erwartungen gar unterhalb des Schnitts in Westeuropa (0,5%). Moderate Wachstumsraten werden in Nordamerika (1,6%), Südasien (1,7%), Zentralasien (2,1%) und Südafrika (2,3%) erwartet.

ifo Grafik, Economic Experts Survey, Wachstumserwartungen, 4. Quartal 2022

Notiz: Die Abbildung zeigt das arithmetische Mittel des erwarteten Wirtschaftswachstums in den Regionen für das Jahr 2024.

ifo Grafik, Economic Experts Survey, Wachstumserwartungen, 4. Quartal 2022

Notiz: Die Abbildung zeigt das arithmetische Mittel des erwarteten Wirtschaftswachstums in den Regionen für das Jahr 2026.

Weltweiter optimistischerer Blick auf 2024 und 2026

Für das Jahr 2024 und insbesondere für das Jahr 2026 gehen die Expertinnen und Experten weltweit von einer wirtschaftlichen Erholung aus. Das trifft insbesondere auf die Regionen zu, deren erwartetes Wachstum im Jahr 2023 gering ausfällt. So wird in Osteuropa für das Jahr 2026 ein Anstieg der Wirtschaftsleistung um 4,3% erwartet. Auch in Westeuropa (2,0%), Nordeuropa (2,8%) und Südeuropa (3,5%) gehen die Fachleute wieder von steigenden Wachstumsraten aus.

In Nordamerika wird für 2026 ein moderater Anstieg des Wachstums um 2,4% erwartet. Dies liegt etwa auf der Höhe der Erwartungen für Mittelamerika (2,7%). Für Südamerika wird mit 3,4% gerechnet - das höchste Wachstum unter den amerikanischen Regionen.

Auch in den Regionen Asiens wird in der mittleren Frist ein Anstieg der Wachstumsraten erwartet. Die Region mit dem stärksten Anstieg zwischen 2023 und 2026 ist Südasien, wo die erwarteten Wachstumsraten zwischen 2023 (1,7%) und 2026 (4,7%) merklich auseinander liegen. In Ostasien erwarten die Expertinnen und Experten einen Anstieg um 3,5% für 2026, in Westasien um 4,1%. Die beiden asiatischen Regionen mit den höchsten Erwartungen für das Jahr 2023, Zentral- und Südostasien, haben auch für das Jahr 2026 die höchsten erwarteten Wachstumsraten der wirtschaftlichen Leistung.

Auch in Afrika sind die befragten Ökonominnen und Ökonomen deutlich optimistischer bezüglich des Wirtschaftswachstums, je weiter der Blick in die Zukunft reicht. So erwarteten Fachleute in Südafrika für das Jahr 2023 eine Wachstumsrate von 3,5%, was von den Erwartungen in Nord- und Zentralafrika mit 4,1 bzw. 4,4% noch übertroffen wird. Wie bereits für 2023 werden in West- (6,5%) und Ostafrika (10,6%) die höchsten Anstiege in der Wirtschaftsleistung erwartet.

Die Teilnehmenden in den Ländern Ozeaniens erwarten für das Jahr 2026 im Mittel ein Wirtschaftswachstum von 3,8%.

Das Economic Experts Survey (EES) ist eine vierteljährliche Umfrage des ifo Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik. An der aktuellen Umfrage vom 7. Dezember 2022 bis zum 21. Dezember 2022 nahmen 1.537 Wirtschaftsexpertinnen und -experten aus 133 Ländern teil. Die Antworten der Fachleute beziehen sich jeweils auf das Land, in dem sie tätig sind oder für das sie die höchste Expertise besitzen (etwa wenn Beschäftigungsland und Heimatland unterschiedlich sind).

Kontakt
Prof. Dr. Niklas Potrafke

Prof. Dr. Niklas Potrafke

Leiter des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie
Tel
+49(0)89/9224-1319
Fax
+49(0)89/907795-1319
Mail
Das könnte Sie auch interessieren