Projekt

Zentrale Abschlussprüfungen als Steuerungsinstrument im Schulsystem: Arbeitsmarkteffekte, Wirkungsmechanismen und Effektheterogenitäten

Funded by: Bundesministerium für Bildung und Forschung
Projektlaufzeit: Oktober 2010 - Dezember 2013
Bearbeitender Bereich:
Projektteam: Prof. Dr. Ludger Wößmann, Dr. Elke Lüdemann, Anita Dietrich, Franziska Pfaehler

Fragestellung und Ziele

Die Einführung zentraler Abschlussprüfungen ist ein wesentliches Element der Qualitätssicherung im Rahmen von outputorientierten Steuerungsmodellen im Bildungssystem, die die Bedeutung von Monitoringinstrumenten betonen. Existierende nationale und internationale Evidenz belegt einen klaren positiven Zusammenhang zwischen zentralen Prüfungen und getesteten Schülerleistungen. Offen blieb jedoch bisher, ob die Einführung zentraler Prüfungen auch längerfristige Effekte nach sich zieht, die sich positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken. Ziel des Projektes war es, das bestehende Wissen über Wirkungsmechanismen und die Effekte von zentralen Prüfungen im Hinblick auf den Arbeitsmarkt zu erweitern.

Konkret wurden folgende drei Fragestellungen bearbeitet:

  1. Arbeitsmarkteffekte: Hängen zentrale Abschlussprüfungen mit dem langfristigen Arbeitsmarkterfolg zusammen?
  2. Wirkungsmechanismen: Haben zentrale Abschlussprüfungen einen Informationswert am Arbeitsmarkt, indem Noten enger mit dem Einkommen zusammenhängen und so durch höhere extrinsische Belohnungen langfristig die Lernanreize für Schüler verbessern können?
  3. Effektheterogenität: Unterscheiden sich Arbeitsmarkt- und Kompetenzeffekte zentraler Abschlussprüfungen nach Personengruppen, Fächern, Prüfungseigenschaften und sonstigen Rahmenbedingungen?

Insgesamt soll das Projekt das Steuerungswissen im Bildungssystem durch ein verbessertes Verständnis der Wirkungsmechanismen und des Wirkungsgrads von zentralen Abschlussprüfungen erweitern, um eine effektivere Handlungskoordination bei der Systemsteuerung zu ermöglichen, und um eine zielführende weitere Ausgestaltung von zentralen Prüfungselementen im deutschen Bildungssystem zu gewährleisten.

Methodische Vorgehensweise

In einem ersten Arbeitsschritt wurde der Zusammenhang zwischen zentralen Prüfungen und Arbeitsmarkterfolg basierend auf Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP) untersucht. In einem zweiten Arbeitschritt wurde untersucht, ob Schulnoten, die auf zentralen Prüfungen basieren, eine unterschiedliche Signalwirkung für den Arbeitsmarkt beinhalten als Schulnoten, die auf nicht-zentralen Prüfungen basieren. Schließlich wurden Unterschiede in der Steuerungswirkung von zentralen Prüfungen empirisch untersucht. Die Analyse von möglichen Effektheterogenitäten wurde sowohl im Hinblick auf Arbeitsmarktergebnisse als auch im Hinblick auf den Lernerfolg während der Schulzeit durchgeführt.

Für die ersten beiden Fragestellungen wird die Variation in Abschlussprüfungen nach Bundesland und Sekundarschulabschluss genutzt, bei der dritten Fragestellung kommt zusätzlich die internationale Variation hinzu.

Datenquellen

Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)
Absolventenbefragungen des Hochschul-Informations-Systems (HIS)
Schülerdatensatz der PISA-Erhebungen

Ergebnisse

Das Projekt liefert erste Evidenz dafür, dass zentrale Abschlussprüfungen durchaus auch langfristige Effekte auf dem Arbeitsmarkt haben können.

Die Ergebnisse zeigen, dass zentrale Abschlussprüfungen bei Hauptschulabsolventen mit höheren Arbeitseinkommen sowie bei Hauptschulabsolventen und Abiturienten mit geringerem Arbeitslosigkeitsrisiko einhergehen. Beispielsweise gehen sie bei Hauptschulabsolventen mit rd. 12% höheren Einkommen und rd. 4 Prozentpunkten (Abiturienten: 2,5 Prozentpunkten) geringerer Arbeitslosigkeit einher.

Darüber hinaus haben Abiturnoten aus zentralen Prüfungen einen stärkeren Zusammenhang mit den Einkommen am Arbeitsmarkt, was die Anreize für Schüler in diesen Bundesländern erhöht, sich in der Schule besonders anzustrengen. Während eine um eine Note bessere Abiturnote ohne zentrale Prüfungen mit rd. 3% höherem Einkommen einhergeht, sind es mit zentralen Prüfungen rd. 9%.

Generell zeigen sich die Effekte zumeist in verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Zusammenhängen. Eine wichtige Interaktion besteht darin, dass sich Autonomiereformen positiver auf die Schülerleistungen auswirken, wenn es gleichzeitig zentrale Abschlussprüfungen gibt.

Die beobachteten Zusammenhänge zwischen der Zentralität des Prüfungssystems und dem Arbeitsmarkterfolg können zahlreiche unterschiedliche Ursachen haben und müssen derzeit weitgehend als „Black Box“ angesehen werden. Um die Mechanismen und Kanäle besser zu verstehen, ist geplant, im Rahmen des Anschlussprojektes „Abschlussprüfungen als Steuerungsinstrument im Schulsystem: Die Bedeutung von Schulabschlussnoten bei der Einstellungsentscheidung von Unternehmen“ eine umfangreiche Befragung von mehr als 1.000 Personalleitern in repräsentativ ausgewählten deutschen Unternehmen durchzuführen. Diese Erhebung wird es ermöglichen, die Bedeutung, die Schulnoten tatsächlich für die Einstellungsentscheidung in deutschen Unternehmen haben, zu untersuchen.

Die Projektergebnisse wurden auf dem ifo Workshop "Zentrale Abschlussprüfungen als Steuerungsinstrument im Schulsystem" am 29.02.2012 in München präsentiert.

Das Projektposter (PDF) fasst alle Ergebnisse übersichtlich zusammen.

Publikationen

Piopiunik, Marc, Guido Schwerdt und Ludger Wößmann, "Zentrale Abschlussprüfungen als Steuerungsinstrument im Schulsystem: Arbeitsmarkteffekte und Wirkungsmechanismen", in: Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Steuerung im Bildungssystem: Implementation und Wirkung neuer Steuerungsinstrumente im Schulwesen, Bildungsforschung 43, BMBF, Berlin, 2016, 68–83, Information

Woessmann, Ludger, Eric A. Hanushek und Susanne Link, "Does School Autonomy Make Sense Everywhere? Panel Estimates from PISA", Journal of Development Economics 104, 2013, 212–232, Information, Working paper version available as: NBER Working Paper 17591 (PDF)

Piopiunik, Marc, Guido Schwerdt und Ludger Woessmann, "Central School Exit Exams and Labor-Market Outcomes", European Journal of Political Economy 31 (9), 2013, 92–108, Working paper version available as: CESifo Working Paper 3940 (PDF)

Schwerdt, Guido und Ludger Woessmann, "Zentrale Abschlussprüfungen: Arbeitsmarkteffekte und Wirkungsmechanismen", schulmanagement 44 (4), 2013, 29–31

Piopiunik, Marc, Guido Schwerdt und Ludger Woessmann (2013), Zentrale Abschlussprüfungen, Signalwirkung von Abiturnoten und Arbeitsmarkterfolg in Deutschland, Manuskript.

Piopiunik, Marc, Guido Schwerdt und Ludger Woessmann (2013), Zentrale Abschlussprüfungen, Signalwirkung von Abiturnoten und Arbeitsmarkterfolg in Deutschland, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (01/2014), 2014, 35-60; Information

Ludger Wößmann und Guido Schwerdt, "The Information Value of Central School Exams", Economics of Education Review 56, 2017, 65–79, Information, Working paper version available as: CESifo Working Paper 5404 (PDF)

Luedemann, Elke, "Intended and Unintended Short-Run Effects of the Introduction of Central Exit Exams: Evidence from Germany", in: Elke Luedemann, Schooling and the Formation of Cognitive and Non-Cognitive Outcomes, ifo Beiträge zur Wirtschaftsforschung 39, ifo Institut, 2011

Kontakt
Prof. Dr. Ludger Wößmann

Prof. Dr. Ludger Wößmann

Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik
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