Projekt

Ökonomische Effekte eines Brexit auf die deutsche und europäische Wirtschaft

Auftraggeber: Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
Projektlaufzeit: März 2017 - April 2017
Bearbeitender Bereich:
Projektteam: Prof. Dr. Gabriel J. Felbermayr, Jasmin Katrin Gröschl, Dr Inga Heiland, Martin Braml, Marina Steininger, Feodora Teti

Fragestellung und Ziele

Die politische, wirtschaftliche und rechtliche Perspektive Deutschlands und der Europäischen Union mit dem Vereinigten Königreich stellt sich nach dem Referendum über die EU-Mitgliedschaft und im Vorfeld der Austrittsverhandlungen („Brexit“) als äußerst ungewiss dar. Die bisherigen Äußerungen der britischen Regierung über ein Ausscheiden Großbritanniens aus dem Europäischen Binnenmarkt und evtl. der EU-Zollunion sind für die deutsche wie auch die europäische Wirtschaft mit erheblichen Unsicherheiten und Risiken verbunden. 
Neben einer Bestandsaufnahme der bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs mit Deutschland bzw. der EU erstellt die Studie eine Analyse der Auswirkungen eines Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU auf die britische, deutsche und europäische Wirtschaft sowie auf einzelne Wirtschaftszweige. Dabei werden unterschiedliche Szenarien für die Ausgestaltung der künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich auf Basis bilateraler, sektoraler Handels- und Wirtschaftsverflechtungen untersucht.

Methodische Vorgehensweise

Deskriptive Darstellung der bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs mit Deutschland bzw. zu anderen EU-Staaten.
Verwendung eines quantitativen Außenhandelsmodells zur Simulation von Exit-Szenarien und den Nettokosten.
Verwendung ökonometrischer Ergebnisse zur Abschätzung langfristiger Effekte.

Datenquellen

Destatis, Eurostat, World Input Output Database, OECD International Migration Data-base, WITS-TRAINS und IDB

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass ein Brexit für das Vereinigte Königreich in jedem Fall deutlich teurer wird als für Deutschland. Im Szenario eines umfassenden und ambitionierten Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich würde das reale Bruttoinlandsprodukt langfristig im Vereinigten Königreich um 0,6 Prozent und in Deutschland und der EU jeweils um 0,1 Prozent niedriger liegen. Falls es zu keinem bilateralen Abkommen und somit zu einem Rückfall auf Zollsätze nach dem Prinzip der Meistbegünstigung gemäß der Welthandelsorganisation kommen würde, läge der Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt im Vereinigten Königreich langfristig bei -1,7 Prozent, in Deutschland bei -0,2 und im EU27-Durchschnitt bei -0,3 Prozent. Ein Brexit würde unterschiedliche EU27-Staaten unterschiedlich stark betreffen. Insgesamt gilt: Je weiter die geographische und kulturelle Entfernung vom Vereinigten Königreich, umso geringer die Verluste des jeweiligen EU27-Staats.

Mit Blick auf die Wirtschaftszweige in Deutschland sind die größten relativen Wertschöpfungsverluste bei pharmazeutischen Produkten, sowie in den Automobil- und Maschinenbausektoren zu verzeichnen. Im Vereinigten Königreich würden vor allem die Fahrzeugindustrie, der Flugzeugbau, die Metallindustrie und die chemische Industrie, sowie der Großhandel zu den am stärksten negativ betroffenen Wirtschaftszweigen zählen; diese Sektoren sind typischerweise stark in die europäische Wertschöpfungskette eingebunden. Von einem Brexit könnten in Deutschland aber sogar auch einige Dienstleistungssektoren profitieren; hierzu zählen beispielsweise der Finanzsektor und IT-Dienstleistungen. Wohingegen das Vereinigte Königreich vor allem im Nahrungsmittelbereich mit Wertschöpfungszuwächsen rechnen könnte.

Publikation

Monographie (Autorenschaft)
Gabriel Felbermayr, Jasmin Katrin Gröschl, Inga Heiland, Martin Braml, Marina Steininger
ifo Institut, München, 2017
ifo Forschungsberichte / 85