Projekt

Anpassungs- und Integrationsstrategien von Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland: Zwischen Arbeit und Sozialhilfe

Auftraggeber: intern
Projektlaufzeit: Mai 2022 - September 2023
Bearbeitender Bereich:
Projektteam: Panu Poutvaara, Tetyana Panchenko

Fragestellung und Ziele des Projekts

Viele Menschen aus der Ukraine, vor allem Frauen und Kinder, fliehen aktuell vor dem Krieg, der am 24. Februar 2022 von Russland gegen die Ukraine ausgelöst wurde. Viele von ihnen bleiben in den angrenzenden Ländern, einige gehen in andere europäische Länder, insbesondere in solche mit einer großen ukrainischen Diaspora. Deutschland ist das beliebteste der letztgenannten Länder. Die Zahl der Zuzüge aus der Ukraine nach dem 24. Februar 2022 steigt stetig an und übersteigt bereits um ein Vielfaches die Zahl der vor dem Krieg in Deutschland lebenden Ukrainer*innen. Für viele Menschen ist Deutschland, wie auch andere Aufnahmeländer, lediglich ein vorübergehender Aufenthaltsort, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden: im Aufnahmeland bleiben, weiterreisen oder zurückkehren.

Wohin die Menschen fliehen und wie lange sie bleiben, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab und wird unter höchster Unsicherheit und Unklarheit getroffen. Um zu verstehen, welche Absichten geflüchtete Ukrainer*innen bezüglich der Dauer und der Ausgestaltung ihres Aufenthaltes im Aufnahmeland haben, ist es wichtig zu analysieren, welche Faktoren diese Entscheidungen beeinflussen; sowie das soziodemografische Profil und andere Merkmale derjenigen, die diese Entscheidungen treffen, zu untersuchen. Dazu führen wir eine qualitativ-quantitative Studie durch, deren Hauptziele sind:

  1. Die Analyse der Ursachen und Motive von Geflüchteten bezüglich der Wahl des Aufenthaltslandes, unter besonderer Berücksichtigung der spezifischen Alltagspraxis der Anpassung.
  2. Die Untersuchung, welchen Einfluss die vielfältigen Entscheidungsfaktoren, in der konkreten, individuellen Situation für jeden der interviewten Geflüchteten haben. Dabei ist es besonders wichtig die Rolle von Faktoren, wie Familie, Netzwerke, berufliche Erfüllung, Karriere, Einkommen und natürlich der Dauer des Kriegs, im Entscheidungsprozess zu ermitteln.
  3. Ein soziodemografisches Profil von geflüchteten Ukrainer*innen in Deutschland zu erstellen, um ihr Potenzial auf dem deutschen Arbeitsmarkt und die mögliche Belastung des deutschen Sozialsystems zu bewerten. 
  4. Die Pläne und Absichten von geflüchteten Ukrainer*innen in Deutschland zu untersuchen, um Antworten auf die Fragen zu erhalten: wie viele der Ukrainer*innen in Deutschland bleiben, in die Ukraine zurückkehren oder in ein anderes Land umziehen sowie wie viele bereit sind, sich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. 
  5. Untersuchung der Dynamik von Veränderungen: Warum entscheiden sich Geflüchtete aus der Ukraine, im Laufe der Zeit in Deutschland zu bleiben und zu arbeiten, und Ermittlung von Faktoren, die diese Veränderungen beeinflussen.
  6. Herausforderungen, Schwierigkeiten und Anreize für die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt zu identifizieren, sowohl für Geflüchtete aus der Ukraine insgesamt als auch für Vertreter einzelner Berufsgruppen.

Methodische Vorgehensweise

  • Durchführung von qualitativen Tiefeninterviews mit geflüchteten Ukrainer*innen in Deutschland und deren Auswertung mit dem Ziel, durch Rekonstruktion und Typisierung/Typologisierung der konkreten Fälle auf Basis der Interviewtexte ein besseres Verständnis über die unerwarteten Migrationsprozesse zu gewinnen. 
  • Durchführung der quantitativen Online-Umfragen mit geflüchteten Ukrainer*innen in Deutschland und deren Auswertung mit dem Ziel, unterschiedlichen Auswirkungen und Folgen der Fluchtbewegung aus der Ukraine zu untersuchen. 
  • Als zusätzliches Instrument führen wir auch Offline-Umfragen in den Treffpunkten von Geflüchteten aus der Ukraine (Deutschkurse, Veranstaltungen usw.) durch, um Teilnehmer*innen für ein Qualitätsinterview zu rekrutieren und die erhobenen Daten durch eine Online-Befragung zu ergänzen. 
  • Als weitere zusätzliche Instrumente werden wir Inhaltanalysen der Antworten auf offene Fragen, Analyse der Postings in Soziale Netzwerken sowie der Kommentare unter den Links der Online-Umfragen durchführen.

Datenquellen

Interviewtexte, Ergebnisse der Online-Umfragen und der Offline-Umfragen, Inhalt des thematischen Kommentars und der Postings in den Soziale Netzwerken.

Ergebnisse

Erste Welle der quantitativen Online-Umfragen wurde vom 23. Mai bis 6. Juni 2022 in sozialen Netzwerken und Treffpunkten von Geflüchteten aus der Ukraine durchgeführt. Insgesamt wurden 936 Personen befragt.  

Im Rahmen der qualitativen Erhebung wurden vom 11. Mai bis 9. Juli 2022 17 Tiefeninterviews durchgeführt, darunter 2 Familieninterviews.

https://www.ifo.de/publikationen/2022/monographie-autorenschaft/anpassung-und-integrationsstrategien-von-gefluechteten

Zweite Welle der quantitativen Online-Umfrage wurde vom 23 September bis 29 Oktober   2022 in sozialen Netzwerken durchgeführt. Insgesamt wurden 1461 Personen befragt.  

https://www.ifo.de/sites/default/files/2023-02/2023-panchenko-integrationsperspektiven-gefluechtet-deutschland.pdf

Dritte Welle der quantitativen Online-Umfrage wurde vom 26 Januar bis 9 Märtz 2023 in sozialen Netzwerken durchgeführt. Insgesamt wurden 1393 Personen befragt.  

Publikationen

Mediathek – 21. Februar 2023
Dr. Yvonne Giesing
Dr. Tetyana Panchenko

Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hat viele Menschen aus ihrer Heimat vertrieben – über 7 Millionen insgesamt. Welche Pläne, Hoffnungen und Erwartungen haben die ukrainischen Geflüchteten in Deutschland? Welche Folgen und Chancen ergeben sich daraus für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft?

Pressemitteilung — 16. November 2022

Ein Fünftel der Geflüchteten aus der Ukraine berichtet, in Deutschland mittlerweile einen Arbeitsplatz gefunden zu haben. Das geht aus einer Befragung des ifo Instituts für das Forschungsnetzwerk EconPol Europe unter 1.461 ukrainischen Geflüchteten hervor. Über die Hälfte arbeitet nach eigener Aussage unter ihrer formalen Qualifikation. „Die Arbeitsbereitschaft unter ukrainischen Geflüchteten ist sehr hoch. Nur sehr wenige sind nicht daran interessiert, eine Arbeit aufzunehmen“, sagt ifo-Forscherin Tetyana Panchenko.

Aufsatz in Zeitschrift
Tetyana Panchenko
ifo Institut, München, 2022
ifo Schnelldienst, 2022, 75, Nr. 11, 58-62
Working Paper
Tetyana Panchenko, Panu Poutvaara
2022
EconPol Policy Brief 46
Monographie (Autorenschaft)
Yvonne Giesing, Tetyana Panchenko, Panu Poutvaara
ifo Institut, München, 2022
ifo Forschungsberichte / 135
Aufsatz in Zeitschrift
Yvonne Giesing, Tetyana Panchenko, Panu Poutvaara
ifo Institut, München, 2022
ifo Schnelldienst, 2022, 75, Nr. 09, 42-49
Aufsatz in Zeitschrift
Tetyana Panchenko
ifo Institute, Munich, 2022
CESifo Forum 23 (4), 67-75
Pressemitteilung — 21. Juli 2022

90 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine wollen in Deutschland eine Beschäftigung aufnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das ifo Institut in einer Umfrage unter 936 Ukrainer*innen. 42 Prozent arbeiten bereits in ihrem Beruf oder sind auf der Suche nach einer qualifizierten Stelle. 32 Prozent sind auch bereit, unter ihrer Qualifikation zu arbeiten. Als gering schätzen 16 Prozent ihre Möglichkeiten am deutschen Arbeitsmarkt ein. Nur 10 Prozent sehen keine Perspektive zu arbeiten oder haben kein Interesse.