Klimapolitik

Mit dem europäischen Grünen Deal hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine neue Wachstums- und Klimastrategie definiert. Diese hat zum Ziel, Treibhausgasemissionen zu senken und gleichzeitig Arbeitsplätze zu schaffen, wobei die Ausgestaltung und Umsetzung noch mit vielen Fragezeichen versehen werden muss. Während in der EU bis 2050 die Klimaneutralität erreicht werden soll, sind die Ziele in Deutschland etwas weniger ehrgeizig gesteckt: Das Ziel der Bundesregierung ist, die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren und bis zum Jahr 2050 insgesamt 80 bis 95% weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990.

Alternative Energiegewinnung durch Sonnenkollektoren und Windräder
Alternative Energiegewinnung durch Sonnenkollektoren und Windräder

Der Energiesektor leistet den größten Beitrag zu den von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen, in Deutschland wie global. So wird die Energiewende zum derzeit wichtigsten gesellschaftlichen Großprojekt Deutschlands und der Europäischen Union. Über die wirksamsten politischen Instrumente für effizienten Klimaschutz und die Kosten der Energiewende gehen die Meinungen auseinander.

 

 

Entwicklung der CO2-Emissionen von 1990 bis 2030

 

Treibhausgase brauchen einen Preis

Ökonomen plädieren seit Jahren für die Einführung eines CO₂-Preises. Technologieoffen ausgestaltet setzt er Anreize, den Ausstoß von Treibhausgasen dort zu verringern, wo dies am günstigsten ist. Aktuell gibt es verschiedene Abgaben, die den Ausstoß von Kohlendioxid in Deutschland bepreisen. Die fehlende Systematik setzt bisher allerdings in nahezu allen Sektoren nicht die notwendigen Anreize für eine effiziente Vermeidung der Emissionen. Durch die Ökosteuer werden beispielsweise Benzin und Diesel mit circa 60 Euro je ausgestoßener Tonne CO₂ belastet, während beim Heizen privater Haushalte mit Erdöl nur 8 Euro je Tonne Kohlendioxid anfallen. Strom wird allein durch Stromsteuer, Emissionszertifikate und die Umlage für erneuerbare Energien (EEG-Umlage) mit fast 200 Euro je Tonne belastet. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste grüner Strom in Zukunft jedoch viel stärker als bisher in den Sektoren Wärme und Verkehr eingesetzt werden. Das aktuelle Steuersystem setzt dafür nicht die richtigen Anreize.

Mittelweg zwischen Emissionshandel und CO₂-Steuer: Flexcap

Ein vom ifo Institut entwickeltes Konzept zur CO₂-Bepreisung mit dem Titel „Flexcap“ verbindet die Vorteile von CO₂-Steuer und Emissionshandelssystem und stellt eine effizientere Lösung als die Reinform beider Instrumente dar. Ein reines Emissionshandelssystem wälzt alle Unsicherheit in Form von Preisschwankungen auf Firmen und Konsumenten ab. Die reine CO₂-Steuer wiederum gefährdet die Erreichung des Mengenziels. Beim Flexcap hängt die Menge der zu versteigernden Zertifikate vom Preis ab: Ist der Preis hoch, werden mehr Zertifikate versteigert. Ist der Preis niedrig, so werden weniger Zertifikate versteigert. Beide Anpassungen stabilisieren den Preis im Vergleich zu einem Emissionshandelssystem mit fixer Obergrenze. Mit Flexcap reduziert sich die Unsicherheit in Bezug auf Preis und Menge, gleichzeitig lassen sich die langfristigen Klimaziele erreichen.

Gesellschaftliche Großprojekte haben ihren Preis

Die Kosten der Energiewende wurden in mehreren Szenarien berechnet. Die kumulativen systemischen Mehrkosten für die Energiewende bis 2050 liegen je nach Randbedingungen zwischen 500 Milliarden Euro und mehr als 3000 Milliarden Euro. Das entspricht bis 2050 durchschnittlich einem Anteil von 0,4 bis 2,5% pro Jahr des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus dem Jahr 2018. Aus heutiger Sicht erscheinen diese Mehrkosten astronomisch. In ihrer Größenordnung sind sie vergleichbar mit anderen gesellschaftlichen Großprojekten, zum Beispiel der Wiedervereinigung. Wie sich solche Großvorhaben in Wertschöpfung und Beschäftigung niederschlagen, ist – wie im Fall der Wiedervereinigung – in hohem Maße von der politischen Rahmensetzung abhängig.

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ifo Podcast: „Grüne Geldpolitik“

Klimapolitische Ziele zu verfolgen, gehört eigentlich nicht zu den Aufgaben der Zentralbanken. Ob sie es dennoch tun sollten, wird derzeit kontrovers diskutiert. Was muss man sich unter einer „grünen Geldpolitik“ vorstellen? Welche Rolle können Zentralbanken einnehmen?  Welche Wirkung haben diese Maßnahmen in der realen Wirtschaft?

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ifo Podcast: Stromerzeugung durch erneuerbare Energien – welche Herausforderungen Deutschland noch bewältigen muss

Wie verändert die Energiewende die Art und Weise, wie wir Strom bepreisen? Welche Rolle spielt Gaskraft bei diesem Übergang? Wie können die Strommärkte der Zukunft aussehen? Kann das deutsche Modell der Energiewende überhaupt gelingen?

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Prof. Dr. Karen Pittel

Prof. Dr. Karen Pittel

Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen
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